Liebe Freunde!
Mein 500. Beitrag soll ein ganz besonderer sein...Ich habe im Lauf der vielen Jahre meiner Schriftstellerei auch dann und wann einen Kurkrimi geschrieben. Eine davon erlaube ich mir hier vorzustellen. Wenn Ihr sie lest, werdet Ihr einen Bezug zu Columbo erkennen....Nur einen? Ich wünsche Euch eine unterhaltsame Lektüre...
Die Zeit, die ich hier verbringen durfte, war sehr schön...Dafür herzlichen Dank...Ich freue mich sehr auf die nächsten 500 Einträge...und auf schöne Zeiten hier auf dem Forum!
Herzlichst...
Walter
Und nun meine Kurzgeschichte...
Ein Doppelmörder und zwei Katzen
Kurzkrimi von Walter-Jörg Langbein
Henry Norton lachte leise vor sich hin. Von wegen „Verbrechen zahlen sich nicht aus!“. Ihn hatte ein Mord reich gemacht! Hatte er doch seine Ehefrau umgebracht. Eigentlich war sie doch selbst schuld gewesen! Hatte er sie nicht vor Jahren geheiratet - und geduldig, aber vergeblich auf ihren Tod gewartet? Schließlich war sie doch herzkrank und sprach hochprozentigen alkoholischen Getränken im gleichen Maße wie ein Hase den heiß geliebten Möhren zu. Sie wollte und wollte einfach nicht sterben. Da musste er doch nachhelfen! Sein Plan hatte perfekt geklappt. In Gedanken erinnerte er sich noch an jede Einzelheit. Die Tat lief wie ein Kriminalfilm nochmals vor seinem geistigen Auge ab....
Jane, sein Eheweib, ist wieder einmal betrunken, sie torkelt ziellos durchs Haus. Überall ist ihr widerlicher Atem zu riechen. Eben kommt sie die Treppe hoch. Ein kleiner Stoß genügt. Schon stürzt sie die Treppe hinab, rumpelnd und polternd. Henry sieht sie am Ende der Treppe liegen, seltsam fremdartig, irgendwie puppenartig, der böse Buben bös zugesetzt haben. Kein Zweifel: sie ist tot.
Genickbruch stand dann auf dem Totenschein. Und Henry Norton kassierte die dicke Lebensversicherung, nachdem die kriminalistische Untersuchung „eindeutig Tod durch Unfall ohne Fremdverschulden“ festgestellt hatte.
Henry Norton lachte vergnügt vor sich hin. Eine Million hatte er auf dem Konto. Die würde er irgendwo in der Karibik anlegen, bei einer kundenfreundlichen Bank. Bald würde er im sprichwörtlichen Paradies leben. Und von den Girls der Karibik erzählte man sich ja geradezu Wunderdinge. Ob die stimmten? Er würde es bald wissen. Ein paar Wochen noch, vielleicht ein paar Monate würde er ein unscheinbares Leben führen, weiterhin in der Zentrale der Versicherungsanstalt arbeiten, die jetzt ihm gehörte. Er hatte ja das Unternehmen von seiner Frau geerbt. Irgendwann würde er die Firma für teures Geld verkaufen.
Das durchdringende Klingeln an der Haustür riss Henry Norton aus seinen herrlichen Träumen. Es war die Nachbarin, Claudia Meyers. Und die kam gleich zum Kern ihres Anliegens. Sie wollte Henry Norton erpressen. Da war sie aber an den Falschen geraten. Während er freundlich mit ihr sprach, kreisten seine Gedanken um Mord. Natürlich musste er Claudia Meyers töten. Erpresser behaupten zwar immer, sie würden für immer schweigen, sobald sie die geforderte Summe erst einmal kassiert hätten......Aber Claudia Meyers würde immer wieder kommen, sie würde immer mehr Geld verlangen. Es gab nur einen Ausweg: Claudia Meyers musste sterben. Er musste sie töten. Nicht jetzt. Nicht hier.
„Ich begnüge mich mit 50 000 Dollar!“ versicherte sie treuherzig. „Und niemand wird erfahren, dass ich gesehen habe, wie Sie Ihre Frau zur Treppe hinabstürzten. Es war ja spät in der Nacht, gegen 23 Uhr. Aber die kleine Lampe auf dem Flur brannte hell genug, um alles genau durchs Fenster zu sehen....Und ich kann nachts oft nicht schlafen...“ Sie wollte offenbar erklären, warum sie zufällig Zeuge seines Mordes geworden war. Das interessierte Henry überhaupt nicht. Er fiel der Erpresserin ins Wort.
Henry nickte. „Danke, dass Sie so schnell auf den Punkt kommen. Ich werde natürlich bezahlen. Nur so viel Geld habe ich natürlich nicht im Hause. Ich werde es heute Nachmittag von der Bank holen und dann am Abend vorbeibringen!“ Man sah Claudia Meyers an, dass sie überrascht war, wie gut ihr Plan funktionierte.
„Nicht dass Sie denken, ich wollte Sie erpressen....“ brachte sie über die schmalen Lippen. Henry winkte ab. „Ersparen wir uns weitere Erklärungen! Wir leben in einem freien Land. Jeder ist mit Fug und Recht auf seinen ureigensten Vorteil aus! Verkauf bestimmt das Leben. Sie haben etwas gesehen. Sie verfügen über eine Ware, die ich haben will. Sie verkaufen mir diese Ware: Ihr Schweigen. Ihr Preis, den Sie verlangen, ist akzeptabel, ich werde also bezahlen!“ Er lächelte höflich. „Es ist ein fast ganz normales Geschäft! Reden wir nicht weiter darüber....“ Er komplimentierte die Nachbarin aus dem Haus.
Und Henry Norton wusste genau, wie er vorgehen würde. Zur verabredeten Zeit - 23 Uhr - schlich er sich ins Haus der unbequemen Zeugin. Sie führte ihn ins Wohnzimmer. Als sie ihm den Rücken zuwandte, da fasste er nach der schweren Elvis-Presley-Büste, die verlockend auf dem Kaminsims stand und schlug gezielt zu. Dann durchwühlte er die Schubladen des Wohnzimmers, kippte den Inhalt achtlos auf den Boden. Es machte ihm Spaß, die Wohnung auf den Kopf zu stellen. Als er auch das Schlafzimmer verwüsten wollte, geschah es. Eine pechschwarze Katze sauste ihm entgegen. Eine Katze! Pechschwarz!
Nicht das Henry Norton abergläubisch gewesen wäre. Aber er hatte eine fürchterliche Katzenallerigie. Innerhalb von Sekunden schloss sich seine Nase als habe er eine entsetzliche Erkältung. Im Hals spürte er ein erstickendes Würgen, das ihn nach Luft ringen ließ. Er fiel auf die Knie und hustete Dann erzitterte sein Körper unter gewaltigen Niesern. Wo war nur dieses verdammte Spray. Irgendwie konnte er es aus der Jackentasche kramen. Zischend sprühte er sich eine gewaltige Ladung von der Arznei in den Mund. Schon nach Sekunden bekam er wieder Luft. Henry Norton ging nach Hause. Diese Claudia Meyers war tot. Er hatte sie töten müssen. Nun würde sie ihn nicht mehr erpressen.
Henry Norton begab sich am Morgen des folgenden Tages zunächst ins Büro, zur Arbeit. In der Mittagspause ging er auf das örtliche Polizeirevier. „Vielleicht halten Sie mich für einen Spinner....“ erklärte er dem diensthabenden Offizier, Lieutenant Peter F. Alk. „Aber mir war so, als hätte ich gestern Nacht seltsame Geräusche aus dem Haus meiner Nachbarin gehört, Poltern, Krach, vielleicht sogar Geschrei. Ich dachte mir zunächst nichts dabei. Aber heute Morgen habe ich mehrfach versucht, sie telefonisch zu erreichen. Sie erwartet nämlich meinen Anruf. Es ging um eine Beratung bezüglich einer Versicherungspolice. Aber Mrs. Meyers geht nicht an den Apparat. Ihr wird doch nichts zugestoßen sein....“
Peter F. Alk legte die legte die erkaltete Zigarre in den überquellenden Aschenbecher. „Sprechen Sie von Mrs. Claudia Meyers?“ Henry Norton nickte. „Ich fürchte, die Ärmste wurde ermordet! Ihre Putzfrau entdeckte ihre Leiche heute in den frühen Morgenstunden!“ Henry Norton gab sich entsetzt. Bevor er aber etwas sagen konnte, schob sich eine beleibte ältere Dame an Peter F. Alks Schreibtisch. „Ich lasse mich nicht abweisen! Dieses Tier irrt durch die Straßen unserer Stadt. Es braucht Hilfe!“ Mit diesen Worten hielt sie dem Polizeibeamten eine gewaltige, wohlbeleibte Tigerkatze unter die Nase.
Das war zu viel des Guten für Henry Norton. Sekunden später ließen seine gewaltigen Nieser das Polizeirevier förmlich erbeben. Gleichzeitig hustete er erbärmlich. „Katzenallergie...“ brachte er hervor und kramte mit zitternden Händen in sämtlichen Taschen herum. „Suchen Sie vielleicht das hier?“ fragte mitfühlend Peter F. Alk. Henry warf einen Blick darauf. Er nickte. Gierig streckte er die Hand nach dem Spray aus. „So leid es mir tut, ich kann Ihnen das Spray nicht geben....“ ließ Mr. Alk vernehmen. „Es ist ein wichtiges Beweisstück! Wir haben es neben der Leiche von Claudia Meyers gefunden! Wir werden überprüfen, ob die Fingerabdrücke auf dem Fläschchen mit den Ihrigen übereinstimmen...“
„Das können Sie sich sparen....“ krächzte Henry Norton. „Ich gestehe....“ Pater F. Alk reichte ihm die Arznei. Gierig sprühte der sich das Mittel in den Mund. Endlich bekam er wieder Luft. „Sie hat mich erpresst. Hat beobachtet, dass ich meine Frau ermordet habe. Sie musste sterben, auch wenn ich nichts gegen sie persönlich hatte....“ Angewidert schüttelte Lieutenant Alk den Kopf. „Dieses Geständnis werden Sie uns jetzt gleich schriftlich geben...“ Der Dopplemörder nickte.
Lieutenant Alk gab sich einen Ruck. Er griff zum Telefonhörer. Es dauerte eine Weile, bis seine Frau abnahm. „Wie geht es dem Kätzchen von der toten Mrs. Meyers? Gut? Das freut mich? Warum ich anrufe? Nun, hier wurde eine herumirrende Katze abgegeben. Ich glaube, wir nehmen das Tierchen erst einmal bei uns auf. Schließlich hat es einen Doppelmörder überführt!“
Mrs. Alk war einverstanden. „Wie wollen wir die beiden Stubentiger nennen?“ fragte sie. „Ich schlage ‘Katze 1’ und ‘Katze 2’ vor!“ meine Lieutenant Alk. „Sehr einfallsreich! Wirklich sehr einfallsreich!“ kommentierte neckisch Mrs. Alk. Der Polizist lachte nur. „Das wichtigste ist doch, dass sie sich mit Hund vertragen!“