von martha » Mo, 10.08.2015 18:54
Bei Hitchcock finde ich "Vertigo" doch besser als "Das Fenster zum Hof", weil hier geringere Geschwätzigkeit für mich zu wesentlich spannenderer Atmosphäre führte.
Aber ist halt so 'ne Sache bei Filmen, die man gesehen "muss".
Bei "Citizen Kane", der ja nach wie vor als der beste Film aller Zeiten gilt bin ich wegen der späten Sendezeit immer eingeschlafen.
Mittlerweile hab ich ihn aber auf DVD und würde ihn in Unwissenheit seiner Einschätzung nicht unbedingt als das beste bezeichnen, was ich je gesehen hätte.
Man ist ja bei der Rezeption auch nicht immer auf stilistische Bestwerte ausgelegt, die einem widerfahren müssen, um Hymnen zu verteilen.
In erster Linie zählt ein Unterhaltungsanspruch, der optisch und sprachlich nachwirkt.
Und wenn Bronson in die Mundharmonika bläst, passiert das im richtigen Rahmen.
"Spiel mir das Lied vom Tod" ist zwar bisweilen sehr langwierig und wortkarg, denn 15 Seiten Dialoge sind für knapp drei Stunden nicht gerade üppig.
Auch das musikalische Jill-Thema ist an gedehnter Schwülstigkeit kaum zu überbieten.
Und trotzdem ist es einfach nur herrlich.
Da ist ist soviel Wehmut und Emotion drin.
Der Kontrast zu dem knallharten "Lied vom Tod" hätte nicht effektiver komponiert werden können.
Und Claudia Cardinale!!!!
Ich hab mir auch das making-of angesehen.
Da sitzt sie so lässig mit Kippe in der Hand und Weinglas auf dem Tisch.
Da raucht man vor Begeisterung sofort eine mit.
Frauen wie Julia Roberts müssten sich erst mal auf so eine Ausstrahlungsebene beamen können.
Schon wie die Cardinale an diesem schäbigen Bahnhof aus dem Zug steigt ist ein Genuss.
Mit hoffnungsvollem Blick, ohne zu ahnen, dass sie kurz zuvor Witwe geworden ist.
Leone schwelgt ja in solchen Bildern. Dabei stehen die Gesichter eindeutig im Zentrum. So viele Großaufnahmen von freudlosen Visagen hat man wohl noch nie gesehen.
Allen voran natürlich die von Charles Bronson und Henry Fonda.
Was für 'ne Szene, wenn Fonda mit langem Staubmantel zusammen mit seiner Schießgesellschaft aus den Büschen tritt.
Das ist sicher der coolste Auftritt des Bösen, den die Filmgeschichte hervorgebracht hat.
Und dann stehen fünf hartgesottene Kerle vor diesem unschuldigen Kind...
Muss man nicht gesehen haben, sollte man aber.
Eine sehr spezielle Art der Filmgestaltung kann man zwar selbst genial finden, aber auch das Eingeständnis machen, dass das wahrlich nicht jedermanns Geschmack trifft.
Es ist ja letztlich auch 'ne Frage, inwieweit man bereit ist, sich auf bestimmte Sachen einzulassen.
Und das hat ja im Endeffekt nicht immer was mit gut oder schlecht zu tun.
"Könnten Sie mir wenigstens sagen, welcher Name es war?
War es Kensington oder Arlington?"
"Genau gesagt:Keiner von beiden. Es war Washington."
"Hatten Sie bei dem auch einen Vornamen?"
"Martha."