Als Hemingway mal gefragt wurde, was er sich wünschen würde, wenn er sich etwas wünschen könnte, das gegen die Naturgesetze verstösst, soll er geantwortet haben: "Noch einmal, zum ersten Mal ‹Krieg und Frieden› von Tolstoi lesen können." Was für eine Antwort. Und ich glaube, auch hier würden wohl viele etwas dafür geben, noch einmal, zum allerersten mal Columbo sehen zu können. Das Originalerlebnis, ohne schon zu wissen, was die Eigenschaften sind. Überrascht und überwältigt von der Genialität Columbos sein. Warum ich das einbringe ist folgendes: Ich hatte so einen Moment im Kleinen mit dieser Episode. Die wird zwar öfters mal gezeigt aber irgendwie habe ich diese wohl tatsächlich noch nie richtig mitverfolgt, wenn ich sie denn mal gesehen hatte. Und diese Episode ist eben etwas Spezielles. Es hat mich eben auch ganz in Staunen gebracht.
Hier behaupte ich einfach mal, einer der genialsten Mordpläne der Filmgeschichte zu sehen. Nicht die Tat an sich, aber wie alles geplant ist. Von A-Z. Wesley Corma hat einige Probleme, er verspielt Geld, hat Schulden, ist bei Schwiegerpapa in Ungnade gefallen und seine Frau hat einen Liebhaber und will sich scheiden lassen. Seine Tat soll ihm ermöglichen, wieder den ursprünglichen Zustand zu bekommen. Und dafür muss der Liebhaber sterben.. beim Liebesspiel mit seiner Frau. Er kann sich dann als mitfühlenden verzeihenden Ehemann aufspielen, seine Frau und den Geldfluss von Schwiegervater sichern und ist der King. Aber noch besser kommt. Indem er den Verdacht erst von seiner Frau abhält und geschickt Elemente einspielt, die den Verdacht auf seine Frau lenken, soll diese zudem im Gefängnis schmoren. Wie teuflisch ist das denn? Und vor allem wie genial? Seine Tat ist absolut fehlertolerant. Selbst wenn er nicht vollständig aufgeht, wird er einiges erreichen und so gut wie nicht belangt werden können. So gut wie.. denn Columbo ist am ermitteln.. Was und wie der Wesley geplant hat, kriegt man als Zuschauer geschickt je länger je mehr mit.
Wesley Corma ist wohl auch der wirklich einzige Täter in den 69 Episoden, der eben gerade auf einen Ermittler hofft, der die Kleinigkeiten erkennt und herumschnüffelt. Dieser soll die gelegten Kleinigkeiten erkennen. Die Streichhölzer, das Auto im Leergang. Und diese Fährten sollen eben gerade eine Tat aufzeigen und nicht einen Unfall. Es gibt ja zwei, drei Episoden, wo sich der Täter bewusst selbst belastet, weil er/sie ein angeblich wasserfestes Alibi im Hintergrund wissen. Das hier ist aber noch weit ausgefeilter. Und fast würde das auch aufgehen.
Nur hat Columbo eben den Riecher für den richtigen Täter. Und er findet doch noch unpassendes. Dass die hinterlegte Menge Gift im Trinkglas nicht ursprünglich sein kann, da das Opfer sehr schnell gestorben wäre und nicht zwei Gläser hätte trinken können. Das Gift musste also von anderswo kommen und Lydia kann nicht die Täterin sein. Mit seinen Erkenntnissen bringt Columbo Wesley unter Druck und vor allem bringt er die übrige Famile Horace, Vater, Tochter, Sohn, auf seine Seite. Den Schlussbeweis, dass Adam Evans bei Wesley an dem Tag, entgegen seinen Behauptungen, in der Zahnarztpraxis war und Wesley dort eine präparierte Krone mit Gilt eingesetzt hat, macht Columbo mit einem etwas faulen Trick. Wesley gesteht und damit ist der Fall gelöst.
Schauspielerisch kriegen wir reife Leistungen. Wesley wird als Lebemann Schnösel gut dargestellt, der kaum Respekt vor Anderen hat. Die anderen Familienmitglieder wirken eher blass und der Situation angepasst. Dies wurde wohl bewusst so gewählt, um eine Diskrepanz zum Wesley darzustellen. Weniger gefällt mir die Promi Pokerrunde, die aufgesetzt wirkt.
Der Humor ist hier wieder mal ganz nach meinem Geschmack. Etwas die Kaffeemaschine, toll gespielter Klamauk. Oder Columbo beim Zahnarzt (Ist es nicht schlimm genug, dass die Zahnärzte immer die bösen sind? Müssen wir nun auch noch die Mörder sein?)
Es bleiben mir doch noch ein paar Anmerkungen:
Für den Täter ist es extrem wichtig, den Zahnarztbesuch von seinem Opfer zu verschleiern. Ein Parkschein bringt Columbo dann immerhin auf die Fährte. Aber.. wenn ich beim Zahnarzt war, dann erzähle ich dies ganz sicher den Nächsten und jammere noch etwas dazu. Es wäre also mehr als logisch, dass Lydia von ihrem Liebhaber beim Treffen darüber informiert hätte und Wesleys schöner Plan schon stark angekratzt wäre. Aber vielleicht ist für so einen Schauspieler, der auch seine Stunts selbst spielt, ein Zahnarztbesuch Pipifax, den man nicht zu erwähnen braucht..
Der Täter platziert das Gift in der Zahnkrone unter einer sich auflösenden Schicht, so dass das Gilt zeitversetzt freigesetzt wird. Ich denke, das wäre recht schwierig hinzubekommen, dass es auf eine, zwei Stunden genau ist.
Das Gift tritt während dem Liebesspiel der Beiden aus. Wäre bei dieser Tätigkeit nicht das Risiko, dass auch Lydia davon abkriegt und selbst stirbt und somit ein unkontrollierbares Risiko?
Über die Falle mit dem Wäscheblau kann man wirklich etwas enttäuscht sein. Nicht über die Falle selbst. Aber Wesley ist bis dahin so etwas von einem Pokerface, dass er bei allen Anschuldigungen Columbo immer ins Gesicht lacht. So einer würde dann sicher nicht gleich einbrechen.
Trotz der paar kritischen Anmerkungen gibt es für mich hier klar die 5 Sterne zu vergeben.. eben, was für ein genialer Plan, was für ein Erlebnis.