Heute eine Bewertung zu der am Wochenende anstehenden Super-RTL-Folge.
Insgesamt erhält „Schritte aus dem Schatten“ vor mir 3 Punkte.
Der Anfang der Episode gefällt mir gut. Die Familienverhältnisse werden schlüssig erklärt und auch das Motiv ist meiner Meinung nach stimmig. Beth Chadwick wird seit Jahren so sehr durch ihren Bruder in ihren Freiheiten eingeschränkt, dass sie keinen anderen Ausweg als den Mord sieht. Da spielt sicherlich der aufgestaute Hass eine bedeutende Rolle.
Die Mordvorbereitungen und der Plan werden durch den Traum von Beth Chadwick schön erklärt, das gefällt mir sehr gut. Doch der Plan geht schief und Beth rettet die Situation mit drei Schüssen auf den Bruder, aber dadurch entstehen einige Ungereimtheiten, die Columbo Futter für seine Ermittlungsarbeit geben. So wird die Folge nie langweilig. Columbo findet nach und nach immer weitere Indizien, die gegen die Theorie von Beth sprechen: die (zu) saubere Glühbirne, die Abendzeitung im Flur und das fehlende Gras unter den Schuhen von Bryce. Das sind klasse Indizien, absolut logisch und für den Zuschauer nachvollziehbar.
Während Beth das erste Indiz noch durch ihre fleißigen Reinigungskräfte erklären kann, gerät sie bei den anderen beiden Indizien gewaltig ins schwimmen.
Hier kommen wir dann auch zu meinem ersten Problem der Episode. Für mich ist die frühe Gerichtsverhandlung ein großes Ärgernis und logisch nicht erklärbar. Es kann doch erst dann zu einer Gerichtsverhandlung kommen, wenn die Polizei die Beweisaufnahme abgeschlossen hat, oder?
Columbo ist noch in den laufenden Ermittlungen und stellt berechtigte Fragen. Trotzdem wird Beth sehr zügig freigesprochen. Wie konnte man überhaupt so schnell die Gerichtsverhandlung ansetzen? Columbo ist mit den Ermittlungen noch nicht am Ende, die Staatsanwaltschaft muss erst mal die Akten sichten, die Geschworenen müssen gefunden werden usw. Das ist für mich großer Käse. Zudem ist er für mich unlogisch, warum Columbo trotz des Freispruchs weiter ermitteln kann.
Ein zweites Ärgernis ist die Wandlung der Mörderin. Ich finde die Idee grundsätzlich gut und auch nachvollziehbar. Beth wird durch ihren Bruder eingeschränkt und bevormundet, nach seinem Tod fühlt sie eine Befreiung. Sie legt sich eine neue Frisur zu, kauft neue, peppigere und farbenfrohere Kleidung, ist fröhlicher und aufgeschlossener. Kurz: Sie kann zum ersten Mal ihre Persönlichkeit frei entfalten.
Bis hierhin kann ich ihre Wandlung noch nachvollziehen, aber gegen Ende hin wird sie zur Tyrannin. Sie agiert selbstherrlich und anmaßend. Sie bestimmt über ihren Freund, zwingt ihm den neuen Posten und die Verlobung auf, möchte die Geschäftsführung der Firma übernehmen und duldet keinen Widerspruch. Wer ihren Kurs hinterfragt, dem wird die Kündigung nahegelegt. Als Peter ihre Wandlung hinterfragt, droht sie mit der Trennung. Das ist nach meinem Dafürhalten zu viel der Wandlung. Bis zur Mitte der Episode fand ich ihre Wandlung wesentlich subtiler und gelungener, am Ende wird dem Zuschauer dann mit dem Holzhammer die Persönlichkeitsänderung aufgezeigt. Tut mir leid, aber hier wurde ein guter Ansatz gegen die Wand gefahren, weil man es einfach übertrieben hat. Die Persönlichkeitsänderung ist absolut logisch, aber am Ende wirkt Beth auf mich total unglaubwürdig und nur noch wie eine Karikatur ihrer selbst.
Unter den beiden Kritikpunkten leidet schlussendlich auch das CMS. Durch die Selbstherrlichkeit und Arroganz von Beth, gepaart mit dem überhasteten Freispruch vor Gericht, geht sie überhaupt nicht mehr auf Columbos Argumente ein. So kommt das CMS nie in Gang. Jedes Aufeinandertreffen von Columbo und Beth spätestens ab etwa der Hälfte der Episode ist verschenkte Sendezeit.
Umso besser sind allerdings die Szenen von Columbo und Peter Hamilton, hier kommt ein Zusammenspiel mit Substanz zusammen, das die kriminalistische Handlung voran bringt.
Die Auflösung ist dann sehr schwachbrüstig. Hier wird dem Zuschauer kalter Kaffee vorgesetzt, da waren die Autoren sehr unkreativ.
Zudem ist es äußert fraglich, ob die Zeugenaussage von Peter vor Gericht ausreicht, um Beth zu verurteilen. Ganz davon abgesehen, kann Beth aufgrund der Ne bis in idem-Regelung vermutlich nicht noch einmal angeklagt werden. Auch hier stellt sich wieder die Frage, warum sie so überhastet freigesprochen wurde.
Zum Episodentitel wurde hier schon alles gesagt. Der ist einer der gelungensten der gesamten Reihe.
Unter dem Strich also eine Episode, die mit dem Mordplan - der überraschenderweise durchkreuzt wird - und der Wandlung der Mörderin sehr gute Ansätze bietet, aber durch den weiteren Verlauf der Handlung gegen die Wand gefahren wird. Daher gibt es nur 3 Punkte. Schade, dass das Potenzial verschenkt wurde.