Bei der Episode "Niemand stirbt zweimal" schwimme ich mit meiner Bewertung mal wieder gegen den Mainstream.
Denn genau das, was viele an dieser Folge so hart bemängeln, übt auf mich einen gewissen Charme aus. Ist denn noch keinem auch mal das hier wunderbar zur Schau gestellte Fernseh-Flair der ausklingenden 80er aufgefallen? Die schönen geschniegelten Frisuren der Männer, allen voran Wayne Jennings in seiner Rolle als Frauenschwarm, oder die die luftigen Tageskleider und explodierten Haarprachten der weiblichen Protagonisten...?
Man muss einfach zugeben, ein kleines bisschen was von "Denver Clan" oder "Reich und schön" hat diese Columbo-Episode durchaus. Das macht sie nicht unbedingt zu einem Highlight, aber für mich auch nicht gleich unterirdisch schlecht. Sie ist in jedem Fall auch ein Zeitdokument zum Thema Fernsehkrimis der späten 80er bis frühen 90er Jahre.
Das Mordmotiv ist, wie so oft, mal wieder das liebe Geld. Nicht besonders spektakulär, aber immer wieder gerne genommen.
Dass man den Plan des Mörders, wie er die Tat zu begehen und ggf. zu vertuschen gedenkt, nicht sieht, macht natürlich neugierig und fällt etwas aus dem typischen "Columbo-Rahmen". Das stört aber weiter nicht, weil einen gerade deshalb, zumindest bei der Erstkonsumierung des Films, immer wieder der Verdacht beschleicht, dass nicht unbedingt Jennings der Mörder sein muss... sondern eventuell auch die kratzbürstige Schwester des Mordopfers. Mir ging es da nicht anders.
Columbos Indiziensuche macht hier eindeutig eine bessere Figur als seine etwas dürftige Überführung am Ende des Films.
Eine tolle Filmfigur ist für mich Brenda Vaccaro als aufbrausende und frustrierte Schwester des Opfers. Sie lässt dabei den etwas blassen Andrew Stevens als Wayne Jennings noch blasser aussehen... und fast zu einer Nebenfigur werden.
Vielleicht auch deshalb könnte dem Zuschauer der Verdacht kommen, nicht ER, Jennings, sondern eben die Schwester hat den Mord begangen. Denn wenn es in dieser Episode eine(n) Gegenspieler(in) für den Inspektor gibt, dann ist es Brenda Vaccaro.
Die hier ebenfalls von vielen Kritikern als allzu unglaubwürdig hingestellte Tatsache, dass sich gegen Ende des Films die Schwester des Mordopfers von ihrem vermeintlichen Widersacher Jennings verführen lässt, ist für mich zum Beispiel wieder gar nicht sooo abwegig.
Man muss hier sehen, dass diese, eben nicht durch grazile Schönheit gezeichnete Frau ihr ganzes Leben mit ansehen musste, wie ihre liebreizende Schwester ihr die besten und schönsten Männer vor der Nase weggeschnappt hat. Wenn man jetzt noch in Betracht zieht, dass gerade SIE es war, die Jennings ihrer prominenten Schwester vorgestellt hat, und diese dann mit Jennings eine Affäre begonnen hat, mit genau dem Mann, mit dem sie sich womoglich selbst gerne etwas gewünscht hätte, dann erscheint einem die Tatsache, dass diese, ganz sicher sexuell frustrierte Frau, dem "überwältigenden" Charme dieses Casanovas Jennings nur allzu gerne nachgegeben hat, durchaus nachvollziehbar.
Gerade diese oft kritisierte Geschichte hat vielleicht mehr mit der Realität des Lebens gemein, als so mancher denkt...
... denn ein bisschen Soap gibts ja schließlich auch im wahren Leben... immer wieder...
Ich finde diese Folge, gerade wegen ihrem besonderen Late 80´s Flair... und wegen der durchaus interessanten Nebencharaktere ziemlich unterhaltsam und habe sie mit vier Punkten sehr gut bewertet. Die Spannung kommt hier auch nicht zu kurz, die ganze Geschichte wird de facto nie langweilig, weil immer irgendwie Bewegung drin ist... und dass am Ende der Mörder dann doch der Mörder ist, hat mich zumindest beim Erstsehen dieser Folge durchaus etwas überrascht. Originell ist diese Idee allemal... und "Niemand stirbt zweimal" ein recht passender (deutscher) Titel.