von dille » Fr, 10.07.2009 09:36
Überführungen sind ja immer so 'ne Sache. Erstens weiß man nie, wie's weiter geht - das Ganze muss ja nun auch noch vor Gericht verhandelt werden, und zweitens kann der Täter sein Geständnis ja immer noch revidieren, wenn die Beweislast nicht zu erdrückend ist. So, nämlich beiderlei, wird es sich dann wohl wahrscheinlich auch bei "Schleichendes Gift" verhalten. Wenn Wesley Corman erstmal von seinen Anwälten beraten wurde, wird er alsbald durchschaut haben, dass Columbo nichts gegen ihn in der Hand hat, außer einem Chemiebaukasten. Die vermeindlich blau verfärbte Krone, die gar nie blau war, gibt Columbo als Beweis für die Überführung des Täters an; vor Gericht hätte dies allerdings nicht den Hauch von Bestand. Das fällt übrigens auf bei Columbo: Wo Beweise fehlen, arbeitet Columbo mit Tricks - ob nun Perle, Kontaktlinse oder 45er Portwein - Columbo ist überall in seinem Element. In den aufgezählten Fällen könnte das mitunter aufgehen, hier allerdings muss man berechtigte Zweifel anbringen. Aber ist ja auch wurscht, 'ne Runde Sache ist die Folge dennoch, angefangen beim Motiv: Das Motiv ist eindeutig. Corman befürchtet, dass Papa ihm den Geldhahn zudreht und überlegt sich, wie er die drohende Privatinsolvenz verhindern kann. Papa umbringen würde nicht viel bringen, da Cormans Frau einen Anderen hat, bleibt nur ein Ausweg: Um sicherzustellen, dass finanziell alles beim Alten bleibt, muss Corman erneut in die Gunst von Papa kommen. Er tötet also den Liebhaber seiner Frau, wohlweißlich, dass sich dieser zum Todeszeitpunkt bei Mrs. Corman aufhalten wird, versucht den Mord seiner Ex-Angetrauten in die Schuhe zu schieben und signalisiert bei dem ganzen Zinnober auch noch geheucheltes Mitgefühl, das Papas Herz zum Entzücken bringt. Nett ausgedacht. Columbos Arbeit besteht zunächst nun nicht etwa in der Überführung des Täters - sondern darin, die Unschuld der Tatverdächtigen zu beweisen, was ihm dann mit der Feststellung einer zu hohen Dosis Digitalis im Margarita-Glas auch gelingt, weshalb es für Columbo nur noch eine Spur zu verfolgen gilt: Woher kam dann wohl das Gift, wenn nicht aus dem Glas... und schon ist der Inspektor auf der Fährte von Wesley Corman, allerdings nicht etwa, weil gewisse Indizien gegen ihn sprechen, nein, Indizien gibt es kaum welche. Columbo hat die Intuitation, dass es Corman gewesen sein muss. Das hätte natürlich böse nach hinten gehen können, wenn Columbo Corman plötzlich wie aus dem Nichts den Beweis für seine Schuld geliefert hätte - dazu hätte es dann eine Indizienkette geben müssen, die den Zuschauer langsam auf den Mörder einstimmt -, aber Columbo wendet eben besagten Trick aus dem Chemiebaukasten an, dass sich die Balken nur so biegen, wie der Gerichtsmedizinier trefflich bestätigt. Also, durch und durch 'ne runde Sache. Aber auch waghalsig. Hätte Papa am Ende tatsächlich mit der Zange die Krone entfernt, wäre der Schwindel aufgeflogen. Hätte Corman in Chemie besser aufgepasst, hätte er eine angemessene Dosis Gift ins Glas gegeben... es hätte also der perfekte Mord sein können.
Der Inspektor macht diesmal großen Spaß, tritt bescheiden und höflich auf, der Schurke, verkörpert von James Read, ist kontur- und farblos, im Wechselspiel mit Columbo fällt das allerdings nicht weiter ins Gewicht - summa summarum eine schöne Folge.