Dann will ich diesen bis gestern so vernachlässigten thread mal weiter mit Leben füllen.
Es wird dann doch mal wieder eine Lobeshymne geben, weil die Folge einfach zu raffiniert gestrickt ist. Columbo sagt ja im Laufe der Episode mal, dass es sich bei diesem Fall um ein Puzzle-Spiel handelt. Und theoretische Puzzle-Spiele gefallen mir dann doch wesentlich besser als konkrete(wie bei "Undercover").
Natürlich könnte man bei jeder Folge von einem Puzzle-Spiel sprechen, wo nach und nach Indizien zusammengetragen werden, bis sich am Ende ein Gesamtbild ergibt.
Bei "Schreib oder Stirb" lassen sich diese Puzzle-Teile aber wirklich nur schwer zusammenlegen, weil die "normalen" Spielregeln von allen Beteiligten nicht ganz eingehalten werden:
Der Auftraggeber für den Mord Riley Greenleaf belastet sich selber schwer, allerdings nur, weil er ein glänzendes Alibi hat
Das Opfer durchkreuzt den an sich wasserdichten Mordplan, indem es die Tür offen stehen lässt. Wäre die Tür zu gewesen, wäre Eddie Kane wegen des neuen Schlosses gar nicht in's Zimmer gekommen. Allen Mallory wäre wohl gar nicht erschossen worden. Durch die offene Tür ist aber nun dieser nicht in's Schloss passende Schlüssel im Spiel, und dadurch ist das logische Konzept von Greenleaf's Mordplan über den Haufen geworfen. Das Alibi schliesst ihn zwar als Mörder aus, aber durch die Ungereimtheiten mit dem Schlüssel hätte Columbo über kurz oder lang sicherlich auch die Möglichkeit eines Auftragsmordes in's Auge gefasst.
Drittens Columbo selbst: Er lockt Greenleaf in die Falle und benutzt diesen ominösen Schlüssel als Köder.
Die Abweichung vom gewohnten Columbo-Muster liegt zudem auch darin, dass der Schurke Greenleaf vom Inspector von Anfang an sehr offen als Verdächtiger behandelt wird. Das übliche Herantasten an den Mörder wird in dieser Folge in's Gegenteil verkehrt, weil die Verdachtsmomente gegen den Täter diesmal so gravierend sind. So muss Columbo bereits bei der ersten Begegnung mit Greenleaf auf Konfrontationskurs gehen.
Das ist wahrlich ein Feuerwerk an Varianten. Wirklich ein kriminalistisches Highlight.
Aber der Facettenreichtum beschränkt sich ja nicht nur darauf. Auch darstellerisch wird man mehr als verwöhnt. Jack Cassidy als Besoffenen zu erleben ist schon ein Genuss. Mit derben Sprüchen und uncharmanten Beleidigungen verlässt er die Ebene der Nüchternheit mehr als gekonnt. Wenn der Teufel den Schnaps gemacht hat, dann scheint er hier sein eigener Konsument zu sein.
Der Dialog, den "Onkel Donald" im vorigen Post notiert hat, ist sicherlich der eloquente Höhepunkt der Promillesteigerung.
Ich bekenne ja, dass ich bei "Columbo" verhältnismäßig selten lachen muss, aber hier gingen meine Mundwinkel doch relativ oft nach oben.
Natürlich hab ich nicht dieses satanische Grinsen von Jack Cassidy drauf. Genial die Szene, als er im Auto sitzt und die Explosion hört, die Eddie Kane tötet.
Auch ein teuflisches Lächeln kann schon mal ein Bild für die Götter sein.
Das ist schurkische Vollendung. Herrlich!!!
Fazit:
Im Vergleich zur ebenfalls im Schriftstellermilieu angesiedelten Folge "Tödliche Trennung" gefällt mir "Schreib oder Stirb" um Längen besser. Vor allem das Indizienspiel um die Schlüssel ist ungemein raffiniert und erinnert fast schon ein wenig an Hitchcock's "Bei Anruf Mord".
Die Überführung des Täters geschieht zudem wieder nach dem von mir so geliebten Motto: Der Mörder weiß etwas, das er nicht hätte wissen dürfen: nämlich dass Rock Hudson in's Kloster geht.
Alles in allem eine ungemein abwechslungsreiche, intelligente, humorvolle und kurzweilige Geschichte, die auch von mir die Höchstwertung erhält.