Na bitte! Passend zum Muttertag und zum deutschen Grand-Prix-Titel "Frauen regieren die Welt" gab's auf Super RTL mal wieder 'nen "Columbo" mit weiblicher Mörderin. Davon gibt's ja einige gute vor allem aus der neuen Ära (z.B. "Black Lady" oder "Der Tote in der Heizdecke"). Also eigentlich kein Grund zur Panik.
Oder doch?
Kurz vor der Überführung der Mörderin Viveca Scott sagt Columbo ja einen ungemein treffenden Satz: "Das ist der blödeste Fall, den ich je hatte."
Hört sich fast so an als müsste sich Columbo für diese Folge beim Publikum entschuldigen. Aber auch ohne diese tiefschürfende Erkenntnis des Inspectors wäre man als Zuschauer auch alleine drauf gekommen, dass dieser "Hauch von Mord" wirklich nur ein extrem laues Lüftchen ist.
Ein Fall, der in seiner harmlosen Beschaulichkeit fast schon ein bisschen peinlich wirkt.
Nee, ich kann wie meine beiden Vorredner einfach nichts Positives in dieser Folge entdecken.
Hier werden nicht nur Falten geglättet, sondern auch die Hoffnung auf spannende Unterhaltung geplättet.
Columbo kommt mir diesmal vor wie eine Karikatur seiner selbst.
Die sonst so gelungene Dosierung, mit der seine Frau und andere Familienmitglieder in die Story eingebunden werden, gerät hier vollkommen aus den Fugen: Seine Frau hat Kosmetikprodukte von Beauty Mark, sie will abnehmen, sie schreibt ihre Einkaufszettel mit 'nem Augenbrauenstift, der Schwager hat Columbo Dias gezeigt, und und und...
So wird der Kriminalfall zur reinen Familientherapie, und Columbo hat auch augenscheinlich wenig Interesse am kriminalistischen Gehalt dieser Folge: Er guckt sich die erste Leiche gar nicht erst an, den Unfalltod der Erpresserin lässt er später gar komplett unter den Tisch fallen, und die Aufklärung des Falles hat er ja großzügigerweise seinem fotografierenden Schwager überlassen.
Die Ermittlungsarbeit ist zudem in ihrer Schlampigkeit geradezu fahrlässig:
Die Glassplitter auf dem Teppich des Opfers werden kurzerhand als "zerbrochenes Trinkglas" abgehandelt. Columbo gibt sich damit zufrieden, obwohl selbst Santini aus den wenigen Glassplittern wohl kein Trinkgefäß hätte zaubern können.
Und wozu das Ganze???
Natürlich weil die Sache mit den Glasstreifen des Mikroskops bis zuletzt ein gut gehütetes Geheimnis bleiben musste.
Doch zuvor muss Columbo sich ein paar mal an der Hand kratzen, und die Mörderin kratzt sich auch für alle sichtbar ständig an der Hand.
Das ist auch Columbo nicht entgangen(Respekt!), und so streut er kurz vor Toresschluss noch 'nen nicht mehr ganz so überraschenden Satz in die Gemeinde:"Mir ist aufgefallen, dass sie sich immer an der Hand kratzen, genau wie ich."
Wahnsinn!
Und da Columbo's Schwager seine Dias "Streifen" nennt(Warum auch immer
), fällt dem Inspector auf einmal wieder das Mikroskop ein, das ja von Anfang an als Mordwaffe im Gespräch war.
Das ist natürlich soweit alles logisch, aber die Gedankengänge von Columbo nehmen diesmal wirklich Umwege, die zu abstrus und weit hergeholt sind, und so nimmt man die Überführung der Mörderin fast nur noch beiläufig und desinteressiert zur Kenntnis(zumindest ich).
"Bestellen Sie ihrem Schwager etwas von mir." sind die letzten Worte von Viveca Scott und stehen fast symptomatisch für die "familienüberfrachtete" Ausrichtung dieser Folge.
Vera Miles macht das beste aus ihrer Rolle.
Die Rolle ist ja vom Ansatz so dünn, dass man hier wirklich nicht sagen kann: Da hätte man mehr draus machen können.
Im Gegenteil: Vera Miles tut mir echt leid.
Sie spielt die Chefin eines Kosmetikkonzerns und muss sich zudem noch als Vorturnerin einer Schlankheits-Farm betätigen: Grundschulgymnastik für Fettleibige in knallroten Trainingsanzügen. Sorry, aber diese Schlankheits-Farm kam mir fast vor wie eine Beschäftigungs-Therapie für verhaltensgestörte Aliens.
Dagegen wirkte ja selbst das Fitness-Studio von Milo Janus in "Geld, Macht und Muskeln" wie ein hochentwickeltes Technologie-Zentrum.
Auch die Rolle der nikotinsüchtigen Shirley ist weitgehend verschenkt. Zudem ist Columbo ja geradezu besessen davon, dem Zuschauer einzureden, dass dieses "Mauerblümchen" hübsch sein soll.
Was soll das?
Und was hat dieser weibliche "Kippen-Gourmand" eigentlich gegen Viveca Scott in der Hand? In erster Linie doch wohl nichts bzw. absolut nichts.
Die vergifteten Zigaretten(immerhin Vorbild für die Folge "Der erste und der letzte Mord") spielen zudem bei der Aufklärung überhaupt keine Rolle.
Das ist alles mehr als uninspiriert, schlampig und fast schon beleidigend für einen Columbo-Krimi.
Was fehlt sonst noch?
Keine Mordplanung, kein Alibi, keine Indizien(allenfalls der Augenbrauenstift), keine Überraschungen, keine Spannung, kein "Aha-Effekt" und somit eigentlich auch keine Punkte für die Bewertung dieser Folge.
Aber einen Punkt gibt's trotzdem. Man soll ja auch nicht zu kritisch sein.