von dille » Mi, 29.07.2009 01:47
Was muss das doch für die Menschen an Bord ein Highlight gewesen sein: Der am besten bezahlte US-Fernsehschauspieler der 70er Jahre (Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde von 1976) will auf einem Urlaubsdampfer einen Mordfall lösen. Dazu noch eine erstklassige Riege namhafter Serienschauspieler der ausgehenden 60er Jahre, und perfekt ist ein Setting von wahrlich noblem Ambiente. Ein Ambiente, das sich für einen Mord eigentlich bestens eignen sollte. Stellt man sich geschickt an, lassen sich so beweiskräftige Spuren wie die Mordwaffe doch einfach über Bord werfen - auf Nimmerwiedersehen sozusagen. Doch Pech, wenn Inspektor Columbo mit an Bord ist. Hier lernt man, dass er nicht nur Ermittlungen leiten kann, nein, er kann sie auch selber durchführen - mit allen (antiquierten) Tricks, die dazugehören. Er ist eben durch und durch ein Handwerker und dabei stets verbunden mit dem kleinen Mann; für ihn war von vornherein klar, dass Lloyd Harrington nicht als Mörder infrage kommt, und das, obwohl die Beweislast so erdrückend war. Und so ging es für ihn auf Spurensuche nach dem tatsächlichen Mörder. Innovativ bei der ganzen Sache war, dass am Tatort keinerlei brauchbare Spuren vorhanden waren, um den Mörder zu überführen. Vielmehr fand sich der entscheidende Anhaltspunkt, sich an die Fersen von Danzinger zu heften, vor dessen Krankenzimmer. Hätte man die Feder am Tatort gefunden, wäre das ein Indiz ins Leere. Es hätte nur Auskunft darüber gegeben, dass jemand ins Kissen schoss, um das Schussgeräusch zu dämmen. Dass Danziger die Feder unbeabsichtigterweise 'mitnahm' - das weckt Schnitzeljagdgefühle. Perfekt. Perfekt auch, dass der Zuschauer beim Auffinden der Feder gar nicht genau sehen kann, um was es sich da handelt, somit nimmt er über die ganze Folge lediglich die Erinnerung mit, dass da doch noch etwas war, was Columbo in der Krankenstation aufgefunden hat. Das führt dann am Ende zu dem ersehnten Aha-Erlebnis. Und überhaupt - wie Columbo in die Krankenstation kam, da ist nichts konstruiert, nein, Seeübelkeit passt zu Columbo genau wie Flugangst und Schweißfüße. Apropos Schweiß: Ob die beinahe pathologischen Schweißflecken unter seinen Armen vielleicht auch in Wirklichkeit von einem schiffskranken Magen her resultieren? Naja, wie dem auch sei, für Columbo war die Sachlage klar, für den Kapitän indes allerdings nicht. Denn nicht nur Danziger wollte Harringtons Schuld als bewiesen sehen, auch für den Kapitän war alle sonnenklar - bis die Unstimmigkeit mit dem erhöhten Puls auftrat, von der dann auch der Kapitän überzeugt war. Und für die Unschuld Harringtons sprach dann auch noch die steuerlich nicht absetzbare Waffenquittung, obgleich er nur steuerlich relevante Quittungen bei sich führte. Also: Ein Mord geschieht, Harrington wird verdächtigt. Columbo entdeckt die Feder und zweifelt an der Schuld Harringtons, da der Focus sofort auf Danziger liegt (Columbo wird alsbald nach dem Auffinden herausgefunden haben, dass es auf der Krankenstation keine Federkissen gibt, was er aber erst am Schluss aufführt). Doch Danziger erfährt Rückendeckung vom Kapitän. Zudem verlässt sich jener auf die Quittung für die Waffe, die er zuvor in Harringtons Kabine platziert hat, und erfährt anschließend, dass diese steuerlich nicht absetzbar und daher unbrauchbar ist. Columbo ist bestärkt in seinem Glauben, Danziger sei der Mörder, Danziger wird nervös. Der Kapitän wird von der erhöhten Pulsgeschichte überzeugt, und alle Augen sind auf Danziger gerichtet. Na, wenn das kein roter Faden ist, dann weiß ich's auch nicht. Bleibt nur noch die Sache mit der Überführung. Und hier greift Columbo wieder in die altbewährte Trickkiste. Getreu dem Motto, was einmal funktioniert, funktioniert auch ein zweites Mal, kokettiert er vor Danziger mit dem Auffinden der Handschuhe als unmittelbaren Beweis für die Schuld Harringtons. Das lässt Danziger sich nicht zweimal sagen und fingiert mal eben schnell diese leidigen Mordhandschuhe, damit der Inspektor eben Ruhe gibt. Tut er aber nicht, denn Danziger liefert dadurch endlich die lang ersehnte Spur, die ihn überführt: Fingerabdrücke, und zwar da, wo man sie so schnell nicht vermutet - auf der Innenseite der Handschuhe. Clever, logisch, handwerklich sauber und absolut überzeugend gestrickt.
Ein Wehrmutstropfen bleibt mit der Besetzung Robert Vaughns. Dieser leistet hier lediglich Dienst nach Vorschrift, doch ließ ihm das Drehbuch auch nicht Raum für mehr. Schließlich hat Columbo über Dreiviertel des Films auch noch den Kapitän an der Backe. Somit teilen sich sozusagen zwei Charaktere einen Gegenpart. Eine Ausdifferenzierung als öliger Schmierlappen, was ich präferiere, wird unter dieser Prämisse schwer, wenn man nicht schon als Schauspieler dergestalt geartet ist. Stellt man sich in der Rolle Danzigers etwa George Hamilton vor, hätte allein seine angewidert-schmierige Mimik für einen interessanteren Gegner gesorgt.