Der Inspektor Columbo hat es diesmal in der illustren Welt des Weins zu tun. Eine spezielle Kombination, die der guten Folge zusätzliches Flair verleit. Auch als Zuschauer kriegt man so einiges mit aus dieser Umgebung, ist dabei, wenn der Wein atmet oder vorsichtig in die Karaffe gefüllt wird.
Die Ausgangssituation mit den beiden Brüdern ist schon interessant zu analysieren. Die beiden, auf den ersten Blick total verschieden, sind sich bei weitem ähnlicher, als es ihnen gar in den Sinn kommen könnten. Denn beides sind Lebemenschen, die das Geld lieber für ihre Leidenschaft ausgeben, als es gewinnbringend zu kassieren. Adrian Carsini kauft unglaublich teure Weine, nur um sie zu besitzen, oder gar nur, dass diese nicht etwa von einem Unwürdigen konsumiert würden. Diese Weine hortet er in seinem Weinkeller. Zwischendurch bietet er so eine Flasche auch einer exquisiten Gruppe von Weinkennern an, die ihn dann auch als "Mann des Jahres" küren. Sein Bruder Ric liebt das Glamourleben mit Risikosport. Während Adrian den Betrieb geerbt hat, kriegte Ric die Ländereinen. Und da ist das Problem, denn aus dem Betrieb kommt Geld, welches Adrian gleich selbst wieder ausgibt. Aus dem Land kriegt Ric natürlich nichts raus.
Donald Pleasence spielt den Adrian Carsini so gut, dass sich diese Episode schon nur wegen seinem Spiel immer wieder lohnt zu geniessen. Diese Person wird einem trefflich rüber gebracht. Etwa, wenn Adrian in Hysterie verfällt, als Ric sagt, das Land verkaufen zu wollen. Da ist die Verzweiflung und das Entsetzen regelrecht zu fühlen. Und die Tat wirkt hier tatsächlich aus der Situation heraus. Weiter vermittelt er der Figur dieses Extreme. Für Adrian gibt es nur den Wein. Alles rund herum ist nur Zweckerfüllung dazu oder existiert gar nicht in seinem Leben. Keine sonstigen Hobbys, kein sonstiges Leben, keine Frauen, ja offenbar ansonsten kaum Gefühle. Selbst mit der Sekretärin ist er zu keiner Einigung im Stande (obwohl die ja Verständnis für sein Tun hat) und ist nur einmal freundlich zu ihr.. nämlich als er sie bittet, auf das Rauchen zu verzichten, da sonst die Bitterstoffe einen unglaublichen Genuss vermiesen würden.. So eine Figur zu verkörpern ist schon grosse Klasse. Und das gelingt Pleasence ausgesprochen gut. Man kann sich wahrlich in diese Figur hinein versetzen.
Es ist dann auch dieses Spiel, diese Atmosphäre, die mich in dieser Episode in den Bann zieht. Für ein einziges mal nicht der Peter Falk, sondern eben sein Gegenspieler.
Weniger in den Bann zieht mich das Ganze nach der Tat. Ok, man hatte da eine gute Idee, und dann ist man wohl auch etwas abgedriftet in der Erfüllung dieser Geschichte. Wirklich blendend interessant ist ja der Gedanke. Das Opfer hat Schlagspuren am Kopf.. wie soll dies nun erklärt werden? Indem man das Opfer ersticken lässt und dann im Tauchanzug in die Brandung bei den Felsen wirft. Erstickt beim tauchen, der Körper schlägt unzählige male an die Felsen. Dann passt es aber eben wie länger wie mehr nicht zusammen. Da kriegen wir einen grossen Weinkeller zu sehen. Carsini stellt die Klimaanlage aus. Selbst wenn tatsächlich keine einzige Frischluft in den Keller kommen könnte (was nach Ansicht der Türen und Wände kaum der Fall ist) würde die Luft in dem Keller wohl für viele Tage reichen. Irgendwo habe ich dann noch die Möglichkeit gelesen, dass Gärgase sich am Boden ansammeln und dadurch das Opfer ersticken würde. Das könnte natürlich sein, auch wenn dieser Keller offenbar nicht mit dem sonstigen Betrieb direkt verbunden ist. Aber selbst wenn.. ist das kalkulierbar ohne eine Vorbereitungen? Das Opfer könnte bald mal aus der Ohnmacht aufwachen. Und danach den sauteuren Wein, Carsinis Lebensinhalt, zerstören. Ein weiterer Punkt ist die Hitze. In einem solchen Keller wird es nicht "einfach so mal" hitzig. Der wärmt sich langsam auf bei all den gemauerten Steinen. Eine Klimaanlage ist beim Weinkellern dann auch mit dem Sin, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit möglichst konstant zu halten und nicht, um Temperaturspitzen zu vermeiden. Denn Temperaturschwankungen, Licht, zu viel oder zu wenig Luftfeuchtigkeit setzen dem Wein klar mehr zu, als wenn dieser z.B. einfach etwas warm (Zimmertemperatur) gelagert wird. Es fehlt mir einfach eine Erklärung, wie denn das alles nun funktioniert haben soll und es ist schade, dass nichts entsprechendes geliefert wurde. Ich kann mir nur vorstellen, dass das etwas der damaligen Zeit geschuldet ist, wo man solche Sachen nicht ganz so kritisch hinterfragt hat, sondern ein Ersticken als normale Folge akzeptiert hat.
Kommen wir zu Columbos "epischer" Überführung. Auch die ist bestens ausgedacht aber gefällt mir nicht wirklich. Zwar ist es an sich logisch. Aber:
Columbo hat ganz einfach Glück, dass Carsinis Sekretärin das Ganze durchschaut hat und diesen nun mit der Forderung einer Hochzeit erpresst. Dadurch zieht Carsini das Gefängnis vor. Dass er seinen eigenen teuren Wein vernichtet ist indessen überhaupt kein Beweis, maximal ein kleines Indiz. Columbo beweisst, dass Carsinis Wein überhitzt wurde und dass Carsini davon wusste. Carsini weiss es, weil die Klimaanlage ja aus war. Er muss bloss sagen, dass er bei der Wiederkehr gemerkt habe, dass die Klimaanlage ausgefallen sei. So einfach ist das und Columbo beweisst gerade überhaupt nichts bezüglich dem Mord. Das ist um so bedauerlicher, als dass da doch gute Indizien gefunden wurden (Ferrari nicht geschützt, keine Wasserflecken drauf trotz regen, Mageninhalt..), aber für die Überführung nicht wirklich verwendet wurden. Auch nicht klar ist mir, wie Columbo überhaupt darauf kommt, dass der Wein überhitzt wurde (und so zu einer Falle greifen kann). Hat Carsini mal erwähnt, dass die Klimaanlage aus war? Ich mag mich nicht erinnern und so wäre ja kein Grund anzunehmen, dass der Weinkeller zu warm würde.
Gefallen tut mir dann aber der Schluss. Columbo respektiert Carsini trotz seiner Tat und seinen Macken und anerkennt seine Leidenschaft. Fast schon kumpelhaft reden sie über die Zukunft des Weinguts und geniessen einen Wein, eine schöne Menschlichkeit von Columbo.
Diese Episode kriegt von mir 4 Punkte, wobei ich auch klar sagen muss, dass ein Punkt als Bonus für Donald Pleasence mit dabei eingerechnet ist und ich wegen der schönen Stimmung ansonsten auch einen guten Laun habe.
Und noch eine Anmerkung was mir aufgefallen ist:
Carsini spricht mehrere male von einen "Claret" Wein, der besonders gut sei. Ein Claret, oder eigentlich Clairet, ist ein Bordeaux Wein, der eben aufgehellt ist. Also eigentlich eine Art Rosé. Dies kann natürlich auch ein sehr guter Wein sein, ist aber wohl nicht das, was Carsini meint. Nämlich einer der excellenten Rotweine aus den berühmten Chateaus des Bordeaux. Claret ist also eine falsche Bezeichnung (obwohl diese in Amerika offenbar üblich ist) und Carsini würde diesen sicher nicht verwenden, sondern wohl auf die Region oder das Dorf verweisen. Etwa, er hätte einen excellenten "Pauillac" am atmen. Pleasence spielte ja auch in James Bond Filmen mit. Und in einem James Bond Film erkennt Bond einen Bösewicht (als Kellner verkleidet), in dem er ihn fragt, ob statt dem Rothschild nicht ein "Claret" besser zum Essen passen würde und der darauf reinfällt. Möglichkerweise war das eine Hommage oder ein kleines Osterei, was hier eingebaut wurde