von martha » Mo, 02.01.2017 22:59
Das fällt wirklich schwer, für Poirot Sympathien zu empfinden.
Ich habe im letzten Jahr mal mehrere Folgen der englischen Serie gesehen, wo David Suchet den Meisterdetektiv spielt.
Der Charakter baut letztlich darauf auf, dass er extrem von sich überzeugt ist und andere Leute, vornehmlich seine Sekretärin sehr abschätzig behandelt.
Der leitende Ermittler der Mordkommission, Inspector Jappe, wird sehr beschränkt begabt dargestellt. Äußerst begriffsstutzig und nicht sehr kombinationssicher wird er von Poirots genialem Scharfsinn immer in die Schranken gewiesen.
Und Poirots Begleiter Captain Hastings ist dagegen der kesse Freigeist, der so die Lust am freien Lebensstil verkörpert und so als Gegenpart zu Poirots stocksteifer Art auch mal flotte Sprüche raushauen darf.
Sehr aufgebracht ist der Detektiv immer, wenn er als Franzose angesehen wird. Das ist so der Running-Gag, dass Poirot immer wert darauf legt, dass er Belgier ist. Er gesteht seinen Mitmenschen halt keine Fehler zu und redet von sich selbst ja auch gerne in der dritten Person.Das ist schon sehr blasiert und überheblich, was er da abliefert. Wenn die Hemdkragen mal nicht richtig gestärkt sind geht das Gezeter schon los.
Das ist wirklich 'ne ganz andere Liga als Columbo.
Ich schätze mal, dass Inspector Lucerne aus "Mord im Bistro" an Poirot angelehnt wurde. Jemand der dermaßen von seiner Kombinationsgabe begeistert ist, dass er am Ende kaum noch merkt, dass er sich quasi selbst ans Messer liefert.
Die Fälle an sich sind gar nicht mal so übel, schwanken aber auch sehr in ihrer Qualität, weil manche Sachen einfach sehr vorhersehbar sind. Allerdings wird Poirots Kombinationsgabe nicht immer logisch unterfüttert. Der Mann hat dann urplötzlich die Lösung parat, bittet alle Verdächtigen zur berühmten Schlussrunde und hat dort den astreinen Durchblick.
Hier wird einfach Genialität als Quelle der Inspiration festgeschrieben.
Nur ist es ja so, dass man schon früher in der Schule die Leute gehasst hat, die immer alles besser wussten und das dann auch mit übertriebener Überheblichkeit vortrugen.
Es fehlen bei Poirot leider so die kleinen Schwächen und Macken, die ihn menschlicher machen würden.
Das ist das, was ich an der Figur zu bemängeln hätte.
"Könnten Sie mir wenigstens sagen, welcher Name es war?
War es Kensington oder Arlington?"
"Genau gesagt:Keiner von beiden. Es war Washington."
"Hatten Sie bei dem auch einen Vornamen?"
"Martha."