Hitchcock's Vertigo

Könnt ihr euch für die Welt des Films genauso begeistern, wie für Columbo? Wenn ja seit ihr hier genau richtig.

Moderator: Stefanie.Columbo

Hitchcock's Vertigo

Beitragvon Columbo-Freak » Mi, 27.12.2006 17:51


Hallo!

Gestern lief auf Vox Hitchcock's Vertigo. Ich habe mir den Film angeschaut und es war der erste Film von Hitchcock, den ich gesehen habe. Ich weiß, dass ich auf dem Gebiet starken Nachholbedarf habe :roll: .
Bevor ich etwas zu dem Film schreibe, würde ich gerne eure Meinungen hören. Insbesondere interessiert mich deine, martha, denn du bist ja, wenn ich mich recht erinnere ein riesen Hitchcock-Fan.
Dieser Film soll ja das verkappte Meisterwerk Hitchcocks sein und auch sehr vielschichtig. Darum würde mich es sehr interessieren, wie du den Film bewertest, martha! Ich freue mich auf eine ähnlich schöne Bewertung, wie du sie immer zu den Columbofolgen verfasst! :wink:
Natürlich sind auch alle anderen, die den Film gesehen haben, herzlich dazu eingeladen, ihren Senf dazu abzugeben :wink:.

Gruß
Columbo-Freak
"Und wenn sie noch bis Weihnachten an dieser verfaulten Zigarre lutschen und saugen, sie werden nie das Gegenteil beweisen!" - Janus zu Columbo in Folge 26 "Geld, Macht und Muskeln"
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Beitragvon martha » Mi, 27.12.2006 22:47


Mensch, "Freak", du warst ja richtig fleissig über Weihnachten. :wink: :
'Ne Columbo-Folge bewertet und "Vertigo" geguckt.
Ich hab' mich stattdessen ganz primitiven Dingen hingegeben: Mit der neuen Play-Station meines Neffen hab' ich an unserer familieninternen Karaoke-Ausscheidung teilgenommen. Der Computer hat meinen Gesang größtenteils mit "cool" bewertet. Wenn datt der Bohlen gehört hätte. Vielleicht hätte ich noch 'ne "wild-card" für die neue "Superstar"-Staffel gekriegt. :wink:

Ach so, ich soll was zu "Vertigo" schreiben. Ich hab' "Vertigo" gestern nicht gesehen. Ich hab' "Vertigo" im Kopf(ohne Schwindel :wink: ).
Vielleicht zwanzigmal gesehen, einmal sogar im Kino(ich war verblüfft, wieviel Leute da saßen, um sich so'n "alten Schinken" anzugucken).

Ich sag's gleich vorneweg: Ist nicht unbedingt mein Lieblingsfilm von Hitchcock(trotz "verkapptem Meisterwerk" wie du schreibst), auch wenn mich die langsame Erzählweise des ersten Teils doch gefesselt hat. Negativ umschrieben würde man sicher sagen, der Film schleppt sich dahin. Ansätze von Dynamik gibt es nur in den beiden Turmbesteigungen am Ende des ersten Teils und im Finale.
Fast schon aufreizend gemächlich ist sicher die Beschattung von Madeleine durch den höhenangstgeplagten Scottie Ferguson im ersten Teil: Lange Autofahrten, minutenlang gibt es keine Dialoge, lange verbale Stille im Museum, auf dem Friedhof.
Aber trotzdem wurde ich in den Bann gezogen, weil ich einfach wissen will, was diese Madeleine für ein rätselhaftes Problem hat(als ich den Film zum ersten Mal sah). Die bedächtige und geheimnisvolle Musik unterstützt dabei diese mysteriöse Szenerie.
Das is' natürlich nix für Actionliebhaber, aber es ist konsequent durchgezogen und schlüssig bis zum vermeintlichen Sturz Madeleine's vom Glockenturm.

Diese Schlüssigkeit vermisse ich im zweiten Teil des Films dann doch ein wenig.
Zunächst mal glaube ich, dass Hitchcock im zweiten Teil einen gravierenden dramaturgischen Fehler gemacht hat.
Der Zuschauer weiss durch die Rückblende ja relativ schnell, dass diese Judy tatsächlich Madeleine ist. Der Zuschauer weiss also mehr als der betrogene Scottie.
Ich finde, dass das der Geschichte ungeheuer viel an Spannung nimmt.
Hitchcock hat sich ja mal über Spannung geäussert und dabei gesagt, dass die Explosion einer Bombe nur dann effektiv ist, wenn der Zuschauer schon vorher weiss, dass überhaupt eine Bombe da ist.
Klar, bei einer Bombe macht dieses Konzept zweifelsohne Sinn.
Aber die falsche Identität von Judy sofort preiszugeben, ist für mich ein Schuss, der nach hinten losgeht. Es ist kein Spielraum mehr für Überraschungen gegeben.
Im Grunde beschränkt sich die Handlung des zweiten Teils darin, wie sich ein Mann(Scottie)das Ebenbild einer Frau schaffen will. Hitchcock spricht hier von "psychologischem Sex". Und ich muss zugeben, dass ich diese Entwicklung faszinierend finde, wie sich die durchschnittlich-vulgäre Judy wieder in den "schönen Schwan" Madeleine verwandelt.
Am beeindruckendsten sicher die Szene, nachdem Kim Novak(wird ja auch von Columbo in "Ruhe sanft, Mrs. Columbo" erwähnt) sich die Haare hochgesteckt hat und Scottie am Ziel seiner Träume ist.
Die Kamera umkreist die beiden, die Musik steigert sich. Wirklich 'ne Szene, die ich mir immer wieder gerne ansehe.

Ansonsten fällt natürlich auf, dass es im Grunde 'n ziemlicher Macho-Film ist: Diese Madeleine wird ja praktisch von allen nur benutzt. Zunächst von Gavin Elster, der mit Hilfe von Madeleine den Mord an seiner Frau vertuscht, seiner Geliebten danach aber ziemlich schnell den Laufpass gibt. Und dann von Scottie, der ja eigentlich nur daran interessiert ist, sein eigenes Frauenideal zu befriedigen.
Aber Hitchcock war ja bekanntermaßen alles andere als ein "Frauenversteher" :wink: .
Vor allem Tippi Hedren hat das bei den Dreharbeiten zu "Die Vögel" ordentlich zu spüren bekommen.

Datt wär's, "Columbo-Freak".
Mehr fällt mir gezz so spontan nicht mehr ein.
Ich hoffe, du teilst deine Meinung zu "Vertigo" noch dieses Jahr mit. :wink:
Aber hast du echt noch nie 'n Hitchcock-Film gesehen?
Noch nicht mal die Klassiker "Die Vögel" oder "Psycho"?
Kann ich gar nicht glauben. :o
"Könnten Sie mir wenigstens sagen, welcher Name es war?
War es Kensington oder Arlington?"
"Genau gesagt:Keiner von beiden. Es war Washington."
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Beitragvon Columbo-Freak » Do, 28.12.2006 17:46


martha hat geschrieben:Mensch, "Freak", du warst ja richtig fleissig über Weihnachten. :wink: :
'Ne Columbo-Folge bewertet und "Vertigo" geguckt.
Ich hab' mich stattdessen ganz primitiven Dingen hingegeben: Mit der neuen Play-Station meines Neffen hab' ich an unserer familieninternen Karaoke-Ausscheidung teilgenommen. Der Computer hat meinen Gesang größtenteils mit "cool" bewertet. Wenn datt der Bohlen gehört hätte. Vielleicht hätte ich noch 'ne "wild-card" für die neue "Superstar"-Staffel gekriegt. :wink:

Ach so, ich soll was zu "Vertigo" schreiben. Ich hab' "Vertigo" gestern nicht gesehen. Ich hab' "Vertigo" im Kopf(ohne Schwindel :wink: ).
Vielleicht zwanzigmal gesehen, einmal sogar im Kino(ich war verblüfft, wieviel Leute da saßen, um sich so'n "alten Schinken" anzugucken).

Ich sag's gleich vorneweg: Ist nicht unbedingt mein Lieblingsfilm von Hitchcock(trotz "verkapptem Meisterwerk" wie du schreibst), auch wenn mich die langsame Erzählweise des ersten Teils doch gefesselt hat. Negativ umschrieben würde man sicher sagen, der Film schleppt sich dahin. Ansätze von Dynamik gibt es nur in den beiden Turmbesteigungen am Ende des ersten Teils und im Finale.
Fast schon aufreizend gemächlich ist sicher die Beschattung von Madeleine durch den höhenangstgeplagten Scottie Ferguson im ersten Teil: Lange Autofahrten, minutenlang gibt es keine Dialoge, lange verbale Stille im Museum, auf dem Friedhof.
Aber trotzdem wurde ich in den Bann gezogen, weil ich einfach wissen will, was diese Madeleine für ein rätselhaftes Problem hat(als ich den Film zum ersten Mal sah). Die bedächtige und geheimnisvolle Musik unterstützt dabei diese mysteriöse Szenerie.
Das is' natürlich nix für Actionliebhaber, aber es ist konsequent durchgezogen und schlüssig bis zum vermeintlichen Sturz Madeleine's vom Glockenturm.

Diese Schlüssigkeit vermisse ich im zweiten Teil des Films dann doch ein wenig.
Zunächst mal glaube ich, dass Hitchcock im zweiten Teil einen gravierenden dramaturgischen Fehler gemacht hat.
Der Zuschauer weiss durch die Rückblende ja relativ schnell, dass diese Judy tatsächlich Madeleine ist. Der Zuschauer weiss also mehr als der betrogene Scottie.
Ich finde, dass das der Geschichte ungeheuer viel an Spannung nimmt.
Hitchcock hat sich ja mal über Spannung geäussert und dabei gesagt, dass die Explosion einer Bombe nur dann effektiv ist, wenn der Zuschauer schon vorher weiss, dass überhaupt eine Bombe da ist.
Klar, bei einer Bombe macht dieses Konzept zweifelsohne Sinn.
Aber die falsche Identität von Judy sofort preiszugeben, ist für mich ein Schuss, der nach hinten losgeht. Es ist kein Spielraum mehr für Überraschungen gegeben.
Im Grunde beschränkt sich die Handlung des zweiten Teils darin, wie sich ein Mann(Scottie)das Ebenbild einer Frau schaffen will. Hitchcock spricht hier von "psychologischem Sex". Und ich muss zugeben, dass ich diese Entwicklung faszinierend finde, wie sich die durchschnittlich-vulgäre Judy wieder in den "schönen Schwan" Madeleine verwandelt.
Am beeindruckendsten sicher die Szene, nachdem Kim Novak(wird ja auch von Columbo in "Ruhe sanft, Mrs. Columbo" erwähnt) sich die Haare hochgesteckt hat und Scottie am Ziel seiner Träume ist.
Die Kamera umkreist die beiden, die Musik steigert sich. Wirklich 'ne Szene, die ich mir immer wieder gerne ansehe.

Ansonsten fällt natürlich auf, dass es im Grunde 'n ziemlicher Macho-Film ist: Diese Madeleine wird ja praktisch von allen nur benutzt. Zunächst von Gavin Elster, der mit Hilfe von Madeleine den Mord an seiner Frau vertuscht, seiner Geliebten danach aber ziemlich schnell den Laufpass gibt. Und dann von Scottie, der ja eigentlich nur daran interessiert ist, sein eigenes Frauenideal zu befriedigen.
Aber Hitchcock war ja bekanntermaßen alles andere als ein "Frauenversteher" :wink: .
Vor allem Tippi Hedren hat das bei den Dreharbeiten zu "Die Vögel" ordentlich zu spüren bekommen.

Datt wär's, "Columbo-Freak".
Mehr fällt mir gezz so spontan nicht mehr ein.
Ich hoffe, du teilst deine Meinung zu "Vertigo" noch dieses Jahr mit. :wink:
Aber hast du echt noch nie 'n Hitchcock-Film gesehen?
Noch nicht mal die Klassiker "Die Vögel" oder "Psycho"?
Kann ich gar nicht glauben. :o


Jaa, ich war richtig fleißig :wink:, nein, natürlich nicht wirklich. Ich habe nichts wirklich Sinnvolles gemacht und auch nix für die Schule, aber dafür ist Weihnachten doch da, oder :wink: ? Für gutes Essen, Ausruhen, sich an Geschenken und guten Filmen erfreuen :wink: .
"Vertigo" ist aber sicherlich schwere Kost. Was du da schreibst, trifft meine Eindrücke auch zu 90%! Dass du diesen Film ZWANZIG Mal gesehen hast, finde ich beeindruckend und bewundernswert. Man sollte sich ihn mindestens zweimal angesehen haben, um wirklich darüber "mitreden" zu können. Ich habe ihn leider nicht aufgenommen und habe versucht, das zweite Anschauen durch Lesen einiger Filmkritiken im Internet wettzumachen :wink: . Dabei bin ich auf so einiges Gestoßen:
- Der Film ist Teil des "Filmkanons", einer Zusammenstellung der Bundeszentrale für politische Bildung von "bedeutungsvollen" Filmen. 8O
- Manche zählen den Film zu den allerbesten überhaupt, mit Sicherheit aber zu den besten der 50er Jahre.
- Der Film gilt als der "persönlichste" Hitchcocks. Er lässt sich auf vielerlei Ebenen deuten. Er gilt als einer der vielschichtigsten Filme überhaupt.

Das war schon starker Tobak für mich. Lauter Lorbeeren für diesen Film. Auf diese ganze Deutungen (z.b. Scottie = Abbild des jungen Hitchcock) wäre ich niemals gekommen. Hier meine Eindrücke bzw. das, was du noch nicht geschrieben hast, martha:
- Liebe ist ein großer Bestandteil des Films, Hitchcock habe ich immer eher mit Thriller verbunden. Hier geht es eher um Liebe, Intrige, Begierde. Der Mord tritt in den Hintergrund.
- Dadurch, dass der Zuschauer schon weiß, dass Judy Madeleine ist, soll Spannung aufgebaut werden durch die Frage, wie Scottie darauf reagieren würde (klassische Hitchcock-Suspense). Soweit ich das jetzt mitbekommen habe, wäre Hitchcock nicht Hitchcock, wenn er nicht diese Variante gewählt hätte. Ob die andere, von dir vorgeschlagene spannender gewesen wäre, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Dazu müsste ich den Film mit der anderen Variante sehen, vorstellen kann ich's mir zu schlecht.
- Das Lesen der Kritiken und das anschließende "sich ins Gedächtnis Rufen" des Films war sehr interessant und ich habe erkannt, dass diese psychologische Deutungen wohl stimmen und nicht nur "Geschwafel" sind.

Das wird sicherlich nicht der letzte Hitchcock gewesen sein, den ich angeschaut habe. Noch eine Frage an dich martha: Ist "Vertigo" eher ein typischer oder ein untypischer Hitchcock und wie würdest du ihn auf unserer üblichen "5-Punkte-Skala" bewerten?

Grüße
Columbo-Freak

P.S.: Was sagst du zu meiner Bewertung von "Blumen des Bösen". Freue mich auf Feedback! :wink:
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Beitragvon martha » Fr, 29.12.2006 01:57


"Vertigo" ist sicher ein untypischer Hitchcock-Film, vor allem aufgrund des langsamen Tempos.
Die meisten anderen Werke von Hitchcock zeichnet doch eine Schnelligkeit aus, gepaart mit überraschenden Wendungen.
Paradebeispiel dafür ist sicher der Film "Der unsichtbare Dritte":
Mord im UNO-Gebäude, halsbrecherische Autofahrt eines Betrunkenen, Klettertour auf den Präsidentenköpfen von Mount Rushmore und natürlich die berühmte Szene, in der Cary Grant in der Wüste von einem Flugzeug gejagt wird. Es passiert so viel, dass Cary Grant sogar während der Dreharbeiten nicht wusste, worum es in dem Film eigentlich geht.

Noch eine Anmerkung zu "Vertigo":
In Hitchcock's Gespräch mit Truffaut erfährt man, dass der Film auf einem Roman basiert, der extra geschrieben wurde, um einen Film daraus zu machen.
Interessant ist, dass es im Roman diese von mir erwähnte Schlussüberraschung gibt: Der Zuschauer erfährt erst ganz am Ende zusammen mit Scottie, dass Judy und Madeleine ein und dieselbe Person ist. Hitchcock hat ja bekanntlich eine andere Variante gewählt, nämlich die Wahrheit für den Zuschauer sofort aufzudecken.
Hitchcock schreibt dazu folgendes:

Wir sind damit wieder bei unserer bekannten Alternative: Suspense oder Überraschung? Zunächst haben wir dieselbe Handlung wie im Buch. Eine Zeitlang glaubt Stewart, Judy sei Madeleine. Dann findet er sich mit dem Gegenteil ab, unter der Bedingung, dass Judy bereit ist, sich nach und nach Madeleine anzugleichen. Aber das Publikum weiss Bescheid. Wir haben also einen Suspense, der sich auf die Frage stützt: Wie wird James Stewart reagieren, wenn er erfährt, dass sie ihn belogen hat, dass sie in Wahrheit Madeleine ist?
Das war unser Hauptgedanke. Ausserdem hat der Film ein zusätzliches Interesse, weil man Judy's Widerstand dagegen, wieder Madeleine zu werden, spürt. Im Buch ist sie ein Mädchen, das sich sträubt, sich zu verändern. Das ist alles. Im Film sehen Sie eine Frau, die merkt, dass der Mann sie langsam demaskiert.


Wie auch immer. Ist sicher müßig darüber zu spekulieren, ob die Romanfassung besser gewesen wäre.
Unter den Hitchcock-Filmen bekäme "Vertigo" von mir auf jeden Fall gute 4 Punkte.


Noch 'n Abstecher zu Columbo:
"Blumen des Bösen" hatte ich mir vor längerer Zeit schon angesehen, und meine Bewertung immer wieder aufgeschoben, weil mir die Folge überhaupt nicht gefallen hat. :( Nachdem ich aber die letzten Folgen auf SuperRTL schon so verrissen habe, will ich erst mal wieder 'ne positive Kritik schreiben. Ich werd' mir mal "Schreib oder Stirb" von der 3. Staffel vornehmen. Die hab' ich nämlich in sehr guter Erinnerung(ebenso wie "Ein gründlich motivierter Tod").
Ich hab' von dir übrigens noch gar nix zur Folge "Undercover" gehört, "Freak".
Hätte mich schon interessiert, wie dir dieser "Puzzle-Fall" gefällt. :!:
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Beitragvon TV_Maniac » Di, 04.03.2008 14:58


Hier ist ja schon alles Wichtige zu Vertigo gesagt.
Dieser Film ist für mich unter den Hitchcocks ein echter 'grower', er wird besser, wenn man ihn wieder sieht.

Ich schätze den Film für seine Filmmusik (m.M. die beste, die Herrmann für Hitch komponiert hat), die sich ständig an die Handlung und die Gefühle der Figuren anpasst.
Wenn Scottie zu dieser geheimnisvollen Musik Madeleine durch San Francisco verfolgt, das hat schon was. Das Treppenhaus des Mc Kittrick- Hotels erinnert mich an einen anderen Film, welcher war das bloß :D
Die meisten Drehorte lassen sich heute noch besichtigen: http://www.basichip.com/vertigo/main.htm

Die Fotographie in VistaVision ist großartig, speziell bei den Außenaufnahmen, z.B. wenn Scottie und Judy im Park spazierengehen.
Auch der Einsatz von Farbe, z.B. Madeleines Kleidung, die Neonreklame des Hotels, Ernies Restaurant in rot, der Blumenladen, die weißen Schleier auf dem Friedhof der Mission Dolores (erzeugt, indem man Nebelfilter bei Sonnenschein eingesetzt hat), trägt sehr zur Atmosphere des Films bei.


Die Entscheidung, das Publikum gleich nachdem Scottie Judy entdeckt hat darüber zu informieren, was passiert ist, halte ich für richtig. Es gibt dem Ende des Films eine unglaubliche Spannung. Wenn Judy schließlich die Haare so gebunden hat, wie Scottie es von ihr wollte, und aus dem Badezimmer ins grüne Neonlicht tritt, ist es so, als würde Madeleine von den Toten auferstehen. Scottie hat fast Tränen im Gesicht. Es folgt die berühmte Kussszene mit der Verwandlung des Raumes im Hintergrund -- nach einer halben Drehung stehen sie im Stall von San Juan Bautista, am Ende der Drehung sind sie wieder im Hotelzimmer (was nur Scottie 'sieht').
Wenn Judy die Kette anlegt, dauert es einen Moment, bis Scottie die Kette bemerkt (im Spiegel natürlich, das wichtigste Motiv in diesem Film). Seine Stimmung kippt schlagartig und das Finale ist angerichtet. Eben die Frage, wie er reagiert, macht die Spannung aus, bis zur Aussprache auf dem Glockenturm, wo er schließlich seine große Liebe entgültig verliert...

Für die meisten Zuschauer wäre die Kette allein als Hinweis vermutlich zu wenig gewesen, man wäre sich bis zur Szene im Treppenhaus des Turms nicht sicher gewesen, ob Judy Madeleine ist. Da wiegt das Suspense mehr als die Überraschung.


Auf den Fahrten nach San Juan Bautista fährt Scottie immer auf der falschen Straßenseite, bei der Rückpro. Das wird häufig als Filmfehler aufgeführt, ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass es produktionsseitig nicht aufgefallen ist. Hitchcock hat darauf angesprochen gesagt: "You drive your way, I'll drive mine!". Offenbar war es ein Scherz, weil man ihm so oft vorgeworfen hat, er würde britische Filme in Amerika drehen :wink:

Unter den Hitchcocks kommt Vertigo bei mir auf jeden Fall in die Top Ten, und 5 von 5 Punkten sind ihm sicher. (Eine Nummer eins zu finden, ist bei einem Regisseur, der 53 Filme gemacht hat, von denen 52 erhalten sind und von denen ich bisher 32 gesehen habe, schwierig.)

Gruß, Sven

(der Vertigo öfter als zehnmal, aber wohl noch nicht zwanzigmal gesehen hat... :D )
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Beitragvon martha » Di, 04.03.2008 20:34


Danke für die Infos, Sven.
War einiges bei, was ich noch nicht wußte. :o

Wenn du schreibst, dass du von den 52 Hitchcock-Filmen 32 gesehen hast, gehe ich mal davon aus, dass du sicher fast alle US-Filme kennst, und weniger die frühen Streifen, die Hitchcock in England gedreht hat.
Oder irre ich mich da?

Ich bin ja sogar so verrückt, dass ich mir im letzten Jahr bei eBay Hitchcock-Stummfilme ersteigert bzw. gekauft hab. 8O
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Beitragvon TV_Maniac » Mi, 05.03.2008 16:19


Hallo martha,
ich kenne alle englischen Filme ab 'The man who knew too much', sowie 'Blackmail' (Stumm- & Tonfassung) und 'The Lodger'. Das Problem ist, wie Du selbst bemerkt hast, dass man die ganz alten Filme nie im Fernsehen zu sehen bekommt, es ist ja schon bei den s/w- Filmen ein Problem (wenn man von Psycho absieht). Ergo kommt man da nur weiter, wenn man DVDs kauft, und das ist halt ein Kostenfaktor.
Und für 'Waltzes from Vienna' gebe ich bestimmt kein Geld aus :D

Gruß, Sven
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Beitragvon martha » Mi, 05.03.2008 19:58


Ja, ich kann mich nur erinnern, dass vor einigen Jahren mal 'n paar englische Filme auf "arte" liefen, u.a. "Eine Dame verschwindet" und "39 Stufen".
Die erste Fassung von "The man who knew too much" mit Peter Lorre hab ich dagegen noch nie im TV gesehen.
Umso erfreuter war ich dann, als ich den Film im Musik-und Buchladen "2001" für erschwingliche 4.99 abschleppen konnte.

Na ja, in letzter Zeit musste man sich ja nicht über zu wenig Hitchcock im Fernsehen beschweren.
Da gab's "Über den Dächern von Nizza", "Frenzy", "Immer Ärger mit Harry" und Montag auch noch "Der unsichtbare Dritte".
Wurde auch Zeit, denn ich meine, dass die Sender den Altmeister davor doch lange Zeit ziemlich stiefmütterlich behandelt haben.
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Re: Hitchcock's Vertigo

Beitragvon columbo93 » Mo, 06.12.2010 21:03


Also ich kann nur sagen:

"Vertigo" ist mit Sicherheit nicht das beste Werk vom alten "Stinky", aber auf jeden Fall ist der Film bahnbrechend!
Raffinierte Spannung, und ein klasse kameraeffekt (rückwärtslaufende zoomende Kamerafahrt), tolle Schauspieler und ein klasse Finale.

Gut, der Film fängt schleppend an und zieht sich in der zweiten Hälfte leider mächlich hin, aber wenn mann den Mordplan erstmal durchblickt hat, so wird man von der Spannung gefangen genommen...
Und das bitterböse Ende im Glockenturm hat´s doch auch verdammt in sich...

Alles in allem...eine beachtliche Leistung...

Bravo!
20/20 Punkte für deisen Thriller!!!

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Re: Hitchcock's Vertigo

Beitragvon columbo93 » Do, 09.12.2010 16:43


Also ich kann nur sagen:

"Vertigo" ist mit Sicherheit nicht das beste Werk vom alten "Stinky", aber auf jeden Fall ist der Film bahnbrechend!
Raffinierte Spannung, und ein klasse kameraeffekt (rückwärtslaufende zoomende Kamerafahrt), tolle Schauspieler und ein klasse Finale.

Gut, der Film fängt schleppend an und zieht sich in der zweiten Hälfte leider mächlich hin, aber wenn mann den Mordplan erstmal durchblickt hat, so wird man von der Spannung gefangen genommen...
Und das bitterböse Ende im Glockenturm hat´s doch auch verdammt in sich...

Alles in allem...eine beachtliche Leistung...

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Re: Hitchcock's Vertigo

Beitragvon martha » Do, 09.12.2010 18:33


Allein durch die Musikuntermalung und die durchgehend unglücklichen Hauptpersonen einer der atmosphärisch beeindruckendsten Werke.
Ein Film, der irgendwie durchgehend düster gestimmt ist.
Das hat für mich schon beim ersten Angucken einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Wenn man ohnehin depressiv drauf ist, sollte man sich diesen Film besser nicht angucken.

Ansonsten:
Ein Meisterwerk!
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Re: Hitchcock's Vertigo

Beitragvon Ken Franklin » So, 02.01.2011 18:38


Es freut mich sehr, dass hier anscheinend noch andere "Hitch" Fans und somit Kenner seiner Filme im Forum sind. Ob ich 32 Filme wie Sven vom Meister gesehen habe, wage ich zu bezweifeln, aber es waren auch sehr, sehr viele dabei.
Hier geht es um Vertigo, hm ?-/
Zunächst ist alles dabei, was einen Hitchcock zu der Zeit ausmacht. Die männliche Hauptrolle bekam wieder James Stewart ( Rear Window, The Man Who Knew Too Much ), der sich in den Fünfzigern zusammen mit Cary Grant zum Hitchcock Helden mauserte. Die weibliche Hauptrolle wurde, wie kann es anders sein, wieder durch eine Blondine besetzt :wink: Davor spielte 3x Grace Kelly Hitchs Heldin, aber die heiratete ja 2 Jahre zuvor den Fürsten von Monaco und schied aus dem Filmgeschäft aus. Mit Kim Novak somit die erste und einzige Rolle von ihr in einem Hitchcock, die sie aber m. E. sehr gut ausfüllte.
Zum Inhalt wurde hier ja schon so viel geschrieben, kann dem meisten nur beipflichten. Warum der Film heute noch zu den bekanntesten Werken des Meisters gehört ist sicherlich die damals revolutionierte, sehr aufwendige Kamerafahrt, der sog. Vertigo-Effekt. Dieser sollte die Höhenangst bildlich darstellen, unter der Stewart im Film litt.

Warum für meinen Geschmack der Film nicht zu den absoluten Topfilmen Hitchcocks zählt, liegt vermutlich an der sehr ruhigen Stilform des Streifens. Mir ist er zu sehr verzweifelte Liebesgeschichte, es fehlen mir die plötzlichen Wendungen, die den Film plötzlich schneller und mitreißender machen. Ein Beispiel wäre hierfür "Rebecca", wo durch die Tatsache, dass der Ehemann seine Frau tötete, der Film sich plötzlich dreht und auf ein ungewisses Ende zusteuert. Die letzten 10 Minuten Vertigos, wo es zum emotionalen Höhepunkt und einer gewissen Tragik kommt, entschädigen mich dafür nicht.
"Jack Cassidy represented the textbook profile of what an actor should be and how an actor reaches his goal. Hard work, determination, humor, wit, introspection crossed with the necessary outer layer of extraversion."
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Re: Hitchcock's Vertigo

Beitragvon Sam Diamond » Di, 22.02.2011 20:34


Ich bin ein sehr großer Hitchcock-Fan und habe auch nahezu alles, was er gemacht hat. "Vertigo" ist ein aussergewöhnlich guter Film, einer meiner Lieblingsfilme von ihm! Liegt neben der atemberaubend spannenden Story auch an den hauptdarstellern. Kim Novak war überragend und Jimmy Stewart sowieso - Jimmy ist mein absoluter Lieblingsschauspieler bei den "großen alten klassischen Stars" :)
Meine Fanpages:
http://robert-urich.jimdo.com/
http://jamesgarner.jimdo.com/

Mein Nostalgie Forum für alle klassische Serien:
http://tvparadies.net/crime/index.php
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