von gubanov » So, 05.04.2009 09:34
Wie schon mehrfach hervorgehoben, bezieht diese Episode den Großteil ihres Charmes aus dem Kontrast zwischen dem Drill des Militärs und der gelassenen, scheinbar naiv anhänglichen Art des Inspektors. Da diese beiden Pole in all ihren Facetten überzeugend dargestellt werden, ist es auch kein großes Wunder, dass die Sache mit der Atmosphäre hier so blendend funktioniert wie in kaum einer anderen "Columbo"-Folge. Auch ich kann mich wahrlich nicht als Liebhaber militärischer Umgangsformen und unsinniger und oft die Menschenwürde untergrabender Kommandoerfüllung bezeichnen, war aber dementsprechend umso überraschter, wie klug und wenig effektheischend das Setting in Szene gesetzt wurde. Man sieht (bis auf den zwingenden Mord am Anfang, denn wo bliebe sonst Columbo) keine Schießübungen, Explosionen oder durch Drecklöcher kriechende Soldaten und erahnt dennoch schnell, wie der Wind unter den Fittichen des Colonel Rumford weht, den ich in meinen folgenden Ausführungen ehrabschneidend einfach einmal als "Rumford" bezeichnen werde.
Rumford ist meine erste Begegnung mit dem "Columbo"-Veteranen Patrick McGoohan in Darstellerform. Sein Auftreten als altmodischer, steifer, scharfer Hund mit weiß gefärbten Haaren kann allerdings als nichts anderes als grandios bezeichnet werden und rechtfertigt sowohl die EMMY-Auszeichnung für McGoohan als auch seinen Status als einer der besten "Columbo"-Schurken. Unterlegt wird er in der deutschen Synchronisation mit einer Stimme, die man besser nicht hätte auswählen können: Heinz Drache liegt die Rolle so sehr, dass ich ihn trotz der Leistungen McGoohans gern auch direkt vor der Kamera gesehen hätte...
Auch in den Nebenrollen gibt es keine negativen Meldungen zu verzeichnen. Alle Darsteller überzeugen vollends und scheinen das Gusto der Militärakademie förmlich in sich aufgesogen zu haben. Mit Bruno Kirby bleibt der Part des Kadetten Morgan in der Serienfamilie - sein Vater Bruce gibt auch in dieser Episode wieder den Sergeant Kramer.
Dass die "Columbo"-Macher einen Hang zu grandiosen Titelgebungen haben, fällt auch hier auf. Wirkt die Anspielung auf das von Carl Zuckmayer geschriebene und mit Curt Jürgens verfilmte Drama "Des Teufels General" in der deutschen Version etwas ausgelutscht, so überbietet sich der Originaltitel wieder selbst an Stimmigkeit und Doppeldeutigkeit: Einerseits mag man "By Dawn's Early Light" einfach auf den Tathergang beziehen, wobei auch hier die wahre Bedeutung erst gen Ende klar wird, oder man denkt ein bisschen weiter und sieht darin ein Zitat aus der amerikanischen Hymne, die bekannterweise mit den Worten O say can you see, by the dawn's early light beginnt und wiederum genialerweise auf das Verbrechen angewendet, wohl aber auch als Sinnbild für die Prinzipien- und Staatstreue des Militaristen Rumford gesehen werden kann. Fantastisch!
Auch was die Handlung betrifft, vermag "Des Teufels Corporal" durchweg zu überzeugen. Es kommt durch das Zusammenspiel des Flusses der Ereignisse und des stets präsenten Flairs an keiner Stelle zur Langeweile. Zielstrebig rollt Columbo sein Programm auf und ab und zögert nicht davor, auch zu wenig orthodoxen Uhrzeiten andere Leute anzurufen oder sie beim Gottesdienst über die Schulter anzuquatschen. Die Handlung ist für eine "Columbo"-Folge auch ungewöhnlich komplex: Sowohl die Sache mit den Kadetten Springer und Morgan als auch die mit dem Cidre sind Nebenhandlungen, die erst im Laufe des Films Stück für Stück durch die Ermittlungen des Inspektors zusammengefügt werden und, so im Falle des alkoholischen Getränks, erst am Ende für den Zuschauer wirklich Sinn ergeben. Diese Vielschichtigkeit trägt dazu bei, den Zuschauer stets gefesselt zu halten und die Hochachtung vor den kriminalistischen Begabungen Columbos einmal mehr zu steigern: Dafür ist er schließlich da!
Auch die Überführung vermag, im Rahmen der "Columbo"-typischen Einschränkungen, durchaus zu überzeugen: Rumford musste zur Präparationszeit am Tatort sein - und da uns die Physik lehrt, dass nie zwei verschiedene Körper zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein können, wirkt sich dies als durchaus erdrückender Schuldbeweis aus. Doch Rumford nimmt es gelassen: Er hat die Schlacht verloren und kapituliert vor der Schläue des unscheinbaren und in den Gefilden der Militärakademie gerade deshalb umso auffälligeren Inspektors.
Wieder einmal darf ich 5 von 5 Punkten vergeben, und zwar für eine wasserdichte Atmosphäre, eine überdurchschnittliche Story und die hervorragenden schauspielerischen Leistungen von Falk, McGoohan und Co., die "Des Teufels Corporal" zu einer hervorragenden "Columbo"-Folge machen.