Wie bereits angedroht, will ich mich heute zur Folge "Playback" äussern, die nach meinen Berechnungen seit 1996 nicht mehr im frei empfangbaren Fernsehprogramm lief.
Durch die neue Staffel-Box fand ich aber jetzt endlich wieder Zutritt in das Haus des Überwachungs-Fanatikers van Wyck.
Ich muss zugeben, dass ich nicht gerade neidisch bin auf diese "Big-Brother-Herberge" für Neureiche.
Die Vorstellung, dass man in seiner eigenen Wohnung ständig unter Beobachtung steht, bedeutet wohl das Ende jeglicher Privat-Sphäre.
Aber van Wyck ist ein Tüftler: Eine einfache Alarmanlage, wie wir sie etwa in der Folge "Schritte aus dem Schatten" kennengelernt haben, empfände er sicher als plump und altertümlich, vielleicht sogar als Majestätsbeleidigung für die Kreativität des technischen Fortschritts.
Zu diesem Fortschritt gehört auch, dass sich die Türen durch Händeklatschen öffnen lassen: Ein Alptraum für die Türklinken-Industrie.
Es können ja auch nicht immer alle auf ihre Kosten kommen.
Columbo begegnet diesem Modernisierungswahn gewohnt lässig.
Er bringt Sachen mit, die sich technisch nicht modernisieren lassen:
zunächst schleppt er eine Erkältung mit in's Haus, später noch seinen Hund und 'ne Kiste Sand.
Hier treffen wirklich zwei Welten aufeinander.
Nur schade, dass man aus diesem reizvollen Zusammentreffen nicht mehr gemacht hat:
Oskar Werner ist zweifellos ein großartiger Schauspieler. Ich kenne ihn vor allem aus dem Truffaut-Klassiker "Fahrenheit 451".
Bei "Playback" habe ich aber das Gefühl, dass er sich in der Rolle des Mörders nicht sehr wohl fühlt, als wenn das unter seinem Niveau läge.
Es wird weder sichtbar, dass er sich von Columbo genervt fühlt, noch, dass er ihn mag. Werner bleibt seltsam gleichgültig.
Er gibt in seiner Rolle auch fast nichts von sich preis.
Das "Columbo-Mörder-Spiel" bleibt äusserst entspannt, konfliktfrei, fast gleichförmig.
Ich hab' die Reibungspunkte vermisst.
Werner liefert fast "Dienst nach Vorschrift", wenn er Erklärungen für Columbo's Indizien finden soll: der Mörder hat sich wohl die Schuhe ausgezogen, und die geöffnete Tür zum Zimmer seiner Gattin führt er auf die "Tücken der Technik" zurück.
Er sagt das alles ohne grosse Emotionen, er wirkt fast unbeteiligt, so dass es mir am Ende schwerfällt zu beurteilen, ob mir der Mörder sympathisch oder unsympathisch ist.
Auch die Dialoge zwischen Columbo und van Wyck sind auffallend nichtssagend.
Da wär aufgrund der großartigen Ausstrahlungskraft von Oskar Werner viel mehr rauszuholen gewesen.
Kriminalistisch ist das nämlich eine der besten Folgen überhaupt, die Aufklärung vielleicht sogar mit die beste.
Der von mir so geliebte "Aha-Effekt" bei der entscheidenden Überführung des Täters kommt hier voll zum Tragen.
Besonders auffallend ist der überaus gelungene Spannungsaufbau, eingeleitet durch Columbo's mehrmaliges Fragen:"Fällt Ihnen bei den beiden Videobildern kein Unterschied auf?" Dann die Vergrößerung und das Sichtbarwerden der Einladungskarte. Sehr stark.
Eine ähnlich gelungene Szene gab es auch schon vorher, als Columbo im Zimmer von van Wyck's Ehefrau abklärt, ob die Tür wohl aufstand oder nicht. Columbo klatscht in die Hände, die Tür geht auf, und der Clown wird sichtbar. Auch das nenn ich einen hervorragenden Aufbau von Spannung. Großartig.
Dagegen trifft der Humoranteil der Folge weniger meinen Geschmack.
Die Szene in der Gallerie ist im Verhältnis zur recht dünnen Pointe zu lang geraten.
Im Grunde hätte es genügt, wenn Columbo einen kurzen Blick auf die modernen Kunstwerke geworfen und dann gesagt hätte:"Oh, in unserem Viertel wurde der Sperrmüll schon letzte Woche abgeholt."
Unfreiwillig komisch fand ich dagegen van Wyck's extravagante Digital-Uhr.
Heutzutage findet man eine solche Uhr wohl schon in jedem "Ein-Euro-Shop". Bei "Playback" wird dieser Zeitmesser jedoch fast wie das achte Weltwunder bestaunt.
Da sieht man mal, wie sich die Zeiten ändern.
Noch eine Sache:
Klaus hatte im vorherigen Post ja gefragt, warum van Wyck schon vor der Konfrontation mit der Schwiegermutter Mordvorbereitungen trifft.
Ich denke mal, dass das in einigen Columbo-Folgen so ist(spontan fällt mir etwa "Des Teufels Corporal" ein), dass der Mord schon angeleiert wird, bevor das entscheidende Motiv in's Spiel kommt.
Ich halte das durchaus für legitim, weil ja klar wird, dass das Zerwürfnis zwischen Täter und Opfer schon seit längerer Zeit nicht mehr zu reparieren ist.
Von daher war es für van Wyck sicher nicht überraschend, dass seine Schwiegermutter ihn vom Vorstandsposten entbindet.
Vielleicht hatte er es ja auch schon durch Indiskretionen in der Firma oder durch seinen Schwager im Vorfeld erfahren.
Fazit:
An sich wäre "Playback" eine glasklare "5-Punkte-Folge", aber da ich mit dem "Columbo-Mörder-Spiel" wirklich nicht sehr einverstanden bin, halte ich 4 Punkte für eine angemessene Bewertung.
Ein wirklich sehr guter Fall.