von Tiktaalik » Fr, 16.12.2016 18:55
Der Einstieg in die Episode ist geheimnisvoll. Man sieht einen Mann in ein Hotel einchecken, der kurz darauf einen Anruf erhält, den er aber bereits erwartet. Bereits das ist merkwürdig, denn wer erwartet einen Anruf auf die Sekunde genau? Dann verabreden sich beide Männer auf einem Rummelplatz, wo der Zuschauer erfährt, dass es sich um Geheimagenten handelt. Es geht um einen Marinecode auf einem Mikrofilm und um 300.000 $, die Brenner Geronimo aus vergangenen Zeiten schuldet. Worum es genau geht, wird nicht geklärt. Sehr auffällig ist das konstant langsame Tempo. Das Treffen auf dem Rummelplatz wird durch die Szene am Schießstand verlängert. In der Bar kauft sich
Geronimo Zigaretten, was die Streichhölzer, die man später bei ihm findet, erklärt. Um diese Szene amüsant zu gestalten, schrieben die Autoren ins Drehbuch, dass der Automat beim ersten Versuch Geronimos Geld verschluckt, sodass sich dieser die 60 Ct. vom Wirt ersetzen lassen muss. Diese Szene hätte man natürlich ebenso kürzen können. Auch die Befragung des Wirts wird durch die Tänzerin verlängert. Die Autoren taten wirklich alles, um das Tempo niedrig zu halten. Dies passt in dieser Episode sehr gut, da dadurch die geheinmisvolle, ruhige Atmosphäre der Agenten wunderbar betont wird.
Eigentlich begeht Brenner keine Fehler, die darauf hindeuten, dass er und Geronimo sich kennen. Wie Columbo aber dennoch eine Verbindung zwischen den beiden herstellt, ist überragend. Obwohl es in dieser Episode keine lange Vorgeschichte vor dem Mord gibt, treffen sich Columbo und Brenner erst nach ca 35 Minuten. Es gibt keinen anderen Mörder, bei dem Columbo so einen hohen Aufwand betreiben muss, bis er ihm zum ersten mal begegnet (über 20 Minuten). Dies gefällt mir sehr gut. Für mich wäre es unglaubwürdig, würde Columbo den Geheimagenten binnen weniger Minuten aufspüren. An diesen Kleinigkeiten liegt es, dass mir diese Episode so sehr gefällt.
Das CMS befindet sich auf einem konstant hohen Niveau. Es gibt viele gute Dialoge und natürlich hat auch der Schauspieler Patrick McGoohan mit seiner tollen Leistung großen Anteil daran. Schön ist auch die Szene, in der sich Brenner und Columbo zum ersten mal begegnen. Brenner lässt Columbo zunächst stehen, bis dieser sich als Inspektor zu erkennen gibt. Anschließend trifft sich Brenner mit einem Mann, der bei ihm mit einem Hubschrauber anreist. Man ahnt, dass dieser Mann eine sehr hohe Funktion hat und vermutlich Brenners Vorgesetzter ist, da er darüber Bescheid weiß, dass Columbo Brenner aufgespürt hat. Um wen es sich genau handelt, wird nicht vollständig geklärt. Später, bei seinem Treffen mit Columbo, sieht man auf seiner Karte immerhin seinen Namen (Phil Corrigan). Zudem stehen dort die Worte "Director", "Special Department" und "Secret Agent X-9". Als Stadt ist die Hauptstadt Washington angegeben. Brenners Vorgesetzter sieht in Columbo schnell eine Bedrohung, denn er sagt zu Brenner, er solle ihn im Auge behalten, da er nicht wolle, dass "Lokalmatadore von [seinem] Vorhaben wissen." Um was für ein Vorhaben es sich bei der CIA handelt, erfährt der Zuschauer nicht. Damit wird die geheimnisvolle Atmosphäre konsequent aufrecht erhalten.
Auch sieht man, dass Columbo beschattet wird. Den Grund hierfür und wer genau dahinter steckt, erfährt der Zuschauer erst gegen Ende der Episode. Anschließend besucht Columbo Brenner auf seinem Anwesen, wo er nach seinem Alibi fragt. Dort macht Brenner zum ersten mal deutlich, dass er mächtige Freunde habe (auch im Police-Department) und Columbo ihn daher besser nicht belästigen soll. Der Mörder ist zu diesem Zeitpunkt schon sehr genervt von Columbo, und als dieser von einem Verdächtigen namens Melville berichtet, ergreift Brenner die sich bietende Gelegenheit und hängt ihm den Mord an. Dazu deponiert er die Kreditkarten des Opfers bei ihm, was leider nur in einem Nebensatz erwähnt wird. Anschließend verübt er auf ihn einen leichten Sprengstoff-Anschlag, wodurch dieser dazu genötigt wird, zur Polizei zu gehen. Dadurch nimmt Brenner allerdings in Kauf, dass Columbo von der Existenz Steinmetz erfährt und sogar ein Phantombild von ihm erhält.
Als Columbo Brenner wenig später in seinem Büro aufsucht, macht dieser ihm erneut sehr deutlich, dass er einflussreiche Freunde hat und es besser sei, ihn in Ruhe zu lassen. Dennoch wirkt Brenner selbstbewusst, da er weiß, dass Columbo nichts gegen ihn in der Hand hat. Auf die Frage nach seinem Alibi entgegnet er, dass er keines benötige. "Klagen Sie mich doch an, wenn Sie wollen." Dass er nicht ganz so selbstbewusst ist, wie er tut, sieht man daran, dass er kurz darauf seinen Vorgesetzten anruft, damit dieser Columbo einen Besuch abstattet, um ihn unter Druck zu setzen.
Herrlich ist die Szene, in der Columbo auf dem Boden liegend sein Kleingeld aufsammelt, bis Brenner ihm mit 10 $ aushilft. Als Columbo den Mörder ein weiteres Mal auf seinem Anwesen besucht (auf dessen Einladung hin, da dieser in Columbo nach dem Besuch seines Vorgesetzten keine Gefahr mehr sieht), besteht Columbo darauf, ihm seine 10 $ zurückzugeben. (Er möchte sicher keine Schulden bei einem Mörder haben.) Zudem erfährt er, dass er und seine Frau zeitweise abgehört wurden. Außerdem erfährt der Zuschauer noch ein wenig über den Mörder, z. B. dass dieser gerne Glücksspiele spielt, einige Orden sowie äußerst wertvolle Gemälde besitzt. Informationen über seinen Familienstand bleiben aber geheim. Auch über seinen Beruf wird man nur spärlich informiert. Er schreibt Reden für den Geschäftsmann Salvatore Defonte und wird in Hendersons Firma als "sehr berühmter Berater" bezeichnet. Es hätte mich auch sehr verwundert, wenn man dem Zuschauer das Leben des Doppelagenten detailliert beschrieben hätte. Dieser Aspekt passt daher ebenfalls sehr gut in das Gesamtbild. Die einzig wirklich relevante Szene in Brenners Haus besteht somit darin, dass Columbo auf einem Foto sieht, dass Brenners Haaransatz vor 15 Jahren höher war als heute. Dass er nun einen vollen Haarschopf besitzt, bedeutet, dass er mittlerweile ein Toupé tragen muss. Daraus schlussfolgert Columbo, dass dieser in Wirklichkeit Steinmetz ist.
Im Finale besucht Columbo Brenner abermals in seinem Büro und überführt ihn des Mordes, indem er sein Alibi widerlegt.
Für mich zeichnet sich diese Episode durch viele Kleinigkeiten aus. Beispielsweise passt es sehr gut, dass Brenner als Geheimagent fast keine Fehler begeht, sondern auch durch eine Reihe von Zufällen und wegen Columbos hervorragender Kombinationsgabe überführt wird. Zunächst einmal wird er beim Mord von einem Liebespaar überrascht, wodurch er Geronimo seine Jacke nicht mehr anziehen kann. Im Finale erwähnt Columbo, dass er den Fall nur deswegen weiter verfolgt hat. Auch dafür, dass Columbo anhand von Geronimos Streichhölzern die Bar findet, kann Brenner wenig. Wie Columbo überhaupt einen Zusammenhang zwischen Mörder und Opfer herstellt, ist alleine Columbos Hartnäckigkeit und brillanter Kombinationsgabe zu verdanken. Brenner hat ja schon extra daran gedacht, die Negative zu kaufen und somit zu beseitigen. Er konnte aber nicht ahnen, dass er und Geronimo noch auf zwei weiteren Fotos zu sehen sind. Zudem ist es natürlich auch Pech, dass beide überhaupt fotografiert wurden. Mir gefällt, dass Columbo Brenner kaum von der Seite weicht. Er folgt ihm nach überall (in sein Haus, in sein Büro) und verunsichert ihn damit so sehr, dass dieser sich gezwungen sieht, Columbo einen anderen Verdächtigen zu präsentieren (Melville). Dadurch kommt Columbo an die Identität von Steinmetz heran. Ein Pluspunkt in dieser Episode ist für mich die geheimnisvolle Atmosphäre, die sich über die gesamte Episode erstreckt. Man erfährt zwar, dass Mörder und Opfer Geheimagenten sind, weiß aber auch nach dem Ende der Episode noch immer nicht, was genau sie eigentlich tun. Auch die ruhige und unauffällige Hintergrundmusik passt ausgezeichnet. Ebenso passend finde ich, dass Columbo das Motiv für den Mord an Geronimo überhaupt nicht herausfindet.
Ich bleibe bei 4/5 Punkten für diese sehr gute Episode, die ich mir jedes Jahr sehr gerne anschaue.