Diesmal hab ich mir vorab die anderen Bewertungen durchgelesen, was ich sonst nie tue, um mich nicht beeinflussen zu lassen.
Bin erleichtert, dass es anderen mit dieser Folge ähnlich geht wie mir.
Die Motivlage finde ich sehr schwammig bis nicht nachvollziehbar. Auch nach dem fünften Anschauen begreife ich nicht, weshalb die Assistentin umgebracht wurde. Sie war natürlich eine latente Bedrohung, aber keinesfalls eine akute, was mich einfach nicht richtig zufrieden stellt.
Zwischendrin tippte ich sogar mal auf pure Eifersucht als Motiv.
Der nächste Punkt, der mir grundsätzlich bei dieser Folge missfällt: Die Schwammigkeit der Figuren.
Man wird nicht schlau, was und wer dieser Mann eigentlich ist, den Jean zu heiraten gedenkt und weshalb die das verheimlicht. Erklärungsansätze werden zwar geliefert, mir aber auch wieder viel zu schwammig. Ist er nun ein Heiratsschwindler oder hat Chandler das in ihrer Eifersucht nur erfunden?
Genauso schwammig sind die jeweiligen Verhältnisse, die Nora mit anderen Personen pflegt. Ich verstand auch die Sache mit den Dokumenten oder Akten nicht.
Unlogisch erschien mir ebenfalls die Autoexplosion. Ich bin kein Spezialist, aber explodiert ein Auto sofort, wenn es außen drumherum brennt? Das Feuer war ja noch nicht mal unterm Auto angekommen. Bauchgefühlsmäßig fand ich das unstimmig.
Mir gefällt das emotionale Spiel der Mörderin, das hat man ja bei Columbo eher selten.
Etwas überzogen fand ich Noras Klamottenberatung - Schauspieler sind zwar egozentrisch, aber diese Übergriffigkeit war etwas zu dick aufgetragen, zumal Columbo und die Mörderin sich zwar zu mögen scheinen, aber kein so enges "Verhältnis" entwickeln wie in der Heizdeckenfolge.
Wie anderen missfiel mir hier auch etwas Columbos anfängliche Sprachlosigkeit und Unterwürfigkeit. Andererseits scheint er sie schon seit seiner Kindheit zu 'kennen' und begeisterungsfähig ist unser Inspektor ja sowieso.
Ich wäre ihm fast böse, wenn er diese Begeisterung nur gespielt hätte, glaub ich aber in dem Fall nicht.
Das mehrmalige Anrufen bei sich zu Hause, um seine Frau dran zu kriegen, war natürlich auch überzogen, passte aber als running gag.
Leider kommt der kriminalistische Aspekt einfach viel zu kurz. Viel Gerede, viele Verdächtigungen, viel Eifersucht, viel Verständnis von Columbo für die Befindlichkeiten der Mörderin - aber wo sind die Indizien und Beweise!?
Autoreifen reichen mir da echt nicht. Zudem hier von Columbo mal wieder unzulässig pauschalisiert wird.... als ob jedes Kind gleich handeln würde und als ob jeder erwachsene Mörder fein säuberlich die Kappen wieder aufsetzt.
Warum kriegt diese Folge nun trotzdem keine sehr schlechte Bewertung von mir?
Weil sie mich komischerweise immer wieder prachtvoll unterhält
Ich schwelge ja sehr gerne bei Columbo in Filmsets und hier wird dem Auge recht viel geboten. Allein der rotgekleidete Mann ist ein Hingucker und als Columbo seiner heimlichen Leidenschaft fröhnen kann (orientalische Bauchtänzerinnen anschauen) muss ich auch grinsen.
Finde alle Personen recht sympathisch auf ihre Art und angenehm zuzuschauen, was ja längst nicht für jede Columbofolge gilt.
3,5 Punkte
Kleiner Nachtrag:
Ich finde es absolut faszinierend, dass diese Mörderin sowohl bei Columbo als auch bei vielen Zuschauern auf soviel Sympathie stößt.
Sie hat ihren Ehemann aus Eifersucht getötet, ihre Assistentin aus wohl ähnlichen Motiven und außerdem fährt sie auch noch einen Freund mit dem Auto an.
Damit ist sie die potenteste Mörderin der ganzen Columboreihe. Sie tötet zweimal Menschen, die sie liebt (was schon eine Herausforderung ist) und fährt einen nahestehenden Menschen über den Haufen, um von sich abzulenken. Ganz schön rabiat, die Dame!