Zunächst mal muss ich Columbo meine Bewunderung aussprechen, wie geschickt er im Kochstudio das Eigelb vom Eiweiß trennt.
Das weckte bei mir prompt Erinnerungen an meine ersten Kochversuche in der Kindheit, wo der erste Schritt der Essens-Zubereitung immer darin bestand, das Eigelb vom Fußboden zu entfernen.
Ich kann mir vorstellen, dass so eine Koch-Sendung wie die von Dexter Paris in den 70er Jahren noch eine Rarität war. Bei der heutigen Inflation an "Bruzzel-Shows", wo mittlerweile ja täglich auf fast allen Kanälen ein Ei in die Pfanne gekloppt wird, fragt man sich ja unwillkürlich, wer den ganzen Mist überhaupt essen soll.
Bei "Doppelter Schlag" aber ist es noch richtig nostalgisch: Eine simple Sauce Hollandaise im Mixer zubereitet- da hätte Biolek sicher die Nase gerümpft.
Na ja, heutzutage kann man sich durch's Kochen ja durchaus 'ne "goldene Nase" verdienen. Für ein Zubrot von ein paar Hunderttausend Euro würden Jamie Oliver oder Tim Mälzer sicher nicht ihren Onkel umbringen. Aber Dexter Paris verdient wohl nicht mal das Salz in der Suppe. Wieder mal ein 70er-Jahre-Columbo, wo sich die Umstände des Mordmotivs nicht auf's 21. Jahrhundert übertragen ließen.
Die Grundidee der Folge ist wirklich interessant, weil der Zuschauer diesmal doch sehr in die Irre geführt wird. Zunächst mal läuft alles nach "Schema F"ab: Mordvorbereitungen werden gezeigt, das Motiv lässt sich aus der Dreieckskonstellation "reicher Onkel-flotte Braut-schmieriger Neffe" schnell erahnen...
...und als dieser Neffe dann seine schulischen Physik-Kenntnisse über die fatale Wechselbeziehung von Wasser und Strom mit Hilfe eines Mixers anwendet, scheint eine übliche Columbo-Folge ihren Lauf zu nehmen.
Doch dann die Überraschung:
Dexter hat nicht nur Eier im Kochstudio, sondern auch noch 'nen eineiigen Zwillingsbruder.
Uns so wird aus einem herkömmlichen "Das-ist-der-Mörder-Krimi!" urplötzlich ein "Wer-ist-der-Mörder-Fall". Eine ebenso verblüffende wie gelungene Wendung
Mit Dexter's Bruder Norman kommt zudem ein scheinbar "hartgekochtes Ei" in's Spiel und bildet zusammen mit dem latenten "Weichei" Dexter so was wie 'ne "Omelett-Connection".
Martin Landau spielt das Brüderpaar nahezu perfekt. Man gewinnt tatsächlich den Eindruck, als würde es sich um zwei verschiedene Schauspieler handeln: Der ernste und gelassene Norman, andererseits der fast stets lächelnde und temperamentvolle Dexter. Selbst bei identischer Kleidung hätte ich die beiden gut unterscheiden können.
Wirklich klasse Leistung!
Der Reiz der Rollen liegt ja vornehmlich auch daran, dass sich die beiden nicht mögen und jeder dem anderen den gemeinsam geplanten Mord in die Schuhe schieben will. Nachdem Columbo erstmals von Mord spricht, will natürlich jeder seine eigene Haut retten und den jeweils anderen bei Columbo anschwärzen: Der Mord am Onkel hat die beiden zusammengebracht, die Ermittlungen von Columbo treiben sie aber wieder auseinander.
Das ist für die Kürze der Zeit wirklich eine meisterhaft gestrickte Geschichte.
Die Aufklärung des Falles ist dagegen eher enttäuschend. Da muss ich mich den vorherigen Bewertungen anschliessen. Nachdem ich die Täter-Überführungen der letzten Folgen immer gutgeheißen habe, kann ich hier absolut keinen Clou entdecken.
Letztlich behauptet Columbo einfach, dass die beiden Brüder den Mord gemeinsam geplant und ausgeführt haben. Aber womit wird diese Behauptung unterfüttert?
Doch wohl nur durch die Tatsache, dass der Mord nicht von einer Person allein begangen werden konnte. Klar! Das leuchtet ein(Leiche konnte nicht einer allein tragen; schneller Wechsel der Sicherung nach Stromausfall).
Aber es gibt doch keinerlei Indizien, die das Brüderpaar belasten, kein Trick, mit dem Columbo die beiden reinlegt. Columbo verkauft uns eine bloße Vermutung als stichhaltigen Beweis.
Hatte ich bei "Schach dem Mörder" noch den ersehnten "Aha-Effekt", reduziert sich mein Erstaunen hier auf ein schlichtes "Hä???"
Das war dann wirklich nicht "das Gelbe vom Ei".
Alles in allem ist "Doppelter Schlag" aber eine sehr kurzweilige, mitunter sogar leidlich amüsante, innovative und vor allem spielfreudige Folge, die nur am Ende ziemlich nach "Eierschale" schmeckt.