Da diese Episode ja mit der Psycho-Nadel gestrickt wurde, darf man sich vielleicht mal die tiefenpsychologische Frage stellen, warum man bestimmte Columbo-Folgen weniger gerne sieht als andere.
Liegt es am schlampigen Mord, schwachen Schauspielern oder einer unbefriedigenden Auflösung???
Wohl von jedem etwas, aber bei "Der Schlaf, der nie endet" kommt noch ein entscheidender Punkt hinzu, den ich mal mit "Atmosphäre" umschreiben möchte.
Die Grundstimmung der Folge ist ja dermaßen kalt, dass man den Fernseher während der Dauer der Folge auch als Kühlschrank benutzen könnte.
Irgendwie ist alles unbehaglich: Es wird bei dämmrigem Licht hypnotisiert, in dunklen Erinnerungen gekramt, eine labile Person in den Tod getrieben und der einzige Augenzeuge ist auch noch blind. Die einzige Auflockerung in dieser Düsternis ist eine Ratte, die Willy heißt. Die Folge atmet wirklich wenig Sonnenschein!
Da passt es dann natürlich wunderbar, dass auch der Mörder ein Eisblock ist. Wahrscheinlich kommt er wirklich nur mit Frauen zurecht, wenn er sie unter Hypnose setzt, um dann ihre Herzen zum Schmelzen zu bringen. Nur so hat er wohl Nadia Donner von der Couch in's Bett gekriegt.
Ich muss zugeben, dass ich aus diesem Mann nicht recht schlau werde. Ich kann mich da den Ausführungen von "Steven Bochko" nur anschliessen.
Zunächst wirkt Collier emotional gefestigt wie eine fleischgewordene Stechuhr, greift dann aber bei einem vergleichsweise harmlosen Kampf sofort zum Feuerharken und erschlägt Karl Donner. Danach ist er auf einmal das reinste Nervenbündel. Völlig aufgelöst und verunsichert sucht er nach Lösungen, den Todesfall zu vertuschen.
Am nächsten Tag hat sich seine Betriebstemperatur aber wieder auf minus 30 Grad abgekühlt und er spielt Mister Cool.
Doch die Notwendigkeit, seine Geliebte in den Tod zu treiben, hab ich nicht erkannt. Er ist doch Meister der Hypnose und so wie's aussieht, kann er seine Gespielin nach allen Regeln der Kunst steuern. Warum hypnotisiert er sie nicht dahingehend, dass sie den Verhören der Polizei standhält?
Und was bitteschön soll der Vorschlag mit dem Lügendetektor? Diese Idee verpufft auf einmal, und Collier entschließt sich stattdessen für Mord. Warum plötzlich dieses "Muffensausen"? Traut er seinen eigenen Fähigkeiten nicht mehr? Die Problemlösung von Collier ist für einen psychologisch geschulten Mann wie Collier einfach zu banal. Und somit wirkt sein gesamtes Verhlten einfach zu wirr und holprig. Mir hat das gar nicht gefallen!!!
Ich will Mörder mit klaren Konturen und keine "Wischi-Waschi-Meuchler".
Auch Columbo finde ich in dieser Episode etwas zwiespältig.
Einerseits sehr konzentriert und nur den Mordfall in den Fokus stellend.
Andererseits wirkt er dadurch doch arg unpersönlich. Ich kann mich nicht entsinnen, dass er einmal seine Frau erwähnt oder mit Sergeant Kramer geflachst hätte.
Dadurch befindet sich natürlich auch der Humor in einem geruhsamen Schlaf, der während der 70 Minuten nicht endet.
Dabei bieten doch gerade "Seelenklempner" genügend Angriffsfläche für ironische Anspielungen.
Da ist die Konversation zwischen Columbo und Psychiater Dr. Flemming in "Mord nach Rezept" doch wesentlich ertragreicher("Oh, eine Hausbar!!! Da können Sie sich zwischen den Sitzungen mal ordentlich einen zwitschern, was?").
Die Indiziensuche ist größtenteils gut. Die Sache mit dem Feuerstein und den zwischendurch von Collier benutzten Streichhölzern sticht besonders positiv hervor.
Warum die Beule an Collier's Auto aber überhaupt keine Rolle spielt, sondern nur die ausländischen Reifen, ist natürlich absolut nicht verständlich.
Wenn derart offensichtliche Spuren von den Autoren einfach unter den Teppich gekehrt werden, kommen einem schon erhebliche Zweifel, ob jede Columbo-Folge mit der gleichen Sorgfalt abgedreht wurde.
Auf jeden Fall bleibt da für mich 'n ziemlich fader Beigeschmack. Gerade wenn man von anderen Folgen so verwöhnt wird, fällt ein derart eklatanter Faux-Pas natürlich besonders auf. Peinlich!
Die Auflösung mit dem vermeintlich Blinden ist natürlich genial, wirkt aber irgendwie zusammenhanglos dahingeklatscht.
Nachdem zuvor nur noch der Tod von Nadia Donner im Mittelpunkt stand, zaubert Columbo auf einmal das Bruderpaar aus dem Hut, um damit den ersten Mord aufzuklären.
Wir sehen sowas ähnliches später noch mal in der Folge "Ein Spatz in der Hand", nur dass dort der Mörderin der frischere zweite Mord nachgewiesen wird. Das funktioniert.
Bei "Der Schlaf, der nie endet" wird durch den zweiten Mord der Fluss der Handlung jedoch empfindlich gestört, und man fragt sich, welchen Sinn ein nicht nachzuweisender Mord in einem Columbo-Krimi überhaupt macht. Er macht wenig Sinn und wird durch das glänzende Finale, in dem Collier in eine clevere Falle tappt, noch sinnloser. Umso mehr, wenn das Motiv des Mörders für den zweiten Mord nicht recht einleuchtet.
Sorry, aber die liebgewonnenen Spielregeln werden in dieser Episode leider nicht eingehalten, und so gibt's auch von mir nur 2 Punkte.
PS: Ich versichere, dass ich diese Bewertung in nicht-hypnotisiertem Zustand geschrieben habe, weil mein Therapeut zur Zeit im Urlaub ist.