Tja, das ist natürlich so 'ne Sache:
Ein Torero, der Angst vor Stieren hat!?
Das ist zweifelsohne eine ebenso kühne wie reizvolle Konstellation, aber ist es dann nicht doch eine Spur zu paradox, um überhaupt noch glaubhaft zu sein?
Das wäre ja in etwa so, als würde Michael Schumacher 'nen Flatterich kriegen, wenn er in ein Auto steigt.
Schurke Montoya hat doch wohl immer in proppevollen Arenen gekämpft.
Unmengen von Zuschauern waren also Augenzeuge, wenn sich der mexikanische Nationalheld diesen kurzsichtigen und extrem sabbernden Hornträgern entgegengestellt hat.
Kann man in einer solchen Extremsituation Mut vortäuschen???
Na, ich weiß nicht. Der künstliche Rahmen, der hier von den "Columbo"-Machern geschaffen wird, ist doch ziemlich abstrus.
Allerdings, wenn man sich auf dieses konstruierte Spielchen einlässt, funktioniert die Story perfekt:
Stolz, Ehre und Ansehen eines eitlen Selbstdarstellers werden durch einen lästigen Zeugen der Angst gefährdet. Die Konsequenz ist Mord.
Das ist dann doch wieder logisch.
Und unter diesen Umständen gefällt mir dann auch die Überführung des Täters.
Natürlich, der Mord wird ihm nicht nachgewiesen, sondern nur das Motiv herausgeschält.
Allerdings ist die Spekulation von Columbo doch goldrichtig:
Sobald Montoya vor Publikum als Angsthase entlarvt wird, wird dieser die "Waffen strecken".
Symbolisch übergibt er Columbo dann ja auch die Muleta. Der Mann hat kapituliert.
Hier geht es doch nicht mehr darum, dass der Mörder noch irgendwas abstreiten müsste. Für Montoya ist das Leben quasi beendet.
Die flennende Tochter hat Papa mit schlotternden Knien gesehen.
Anscheinend die Höchststrafe für einen Matador.
Aber wie gesagt: Man muss schon 2 Augen zudrücken, um die Angstlähmung eines Toreros zu akzeptieren.
Alles in allem ist das somit für mich keine "Sekt-oder-Selters-Folge".
Ich kann sie weder loben noch in Stücke reißen!
Ich liebe ja z.B. solche Indizien wie die mit dem gewaschenen Auto.
Wieso hat Montoya den Angestellten bereits am Morgen angewiesen, das Cabrio zu putzen, obwohl er da noch gar nicht hätte wissen dürfen, dass er es benutzen wird?
Sowas find ich immer wieder klasse, denn letztlich sind das doch Szenen mit "Aha-Effekt", die einen "Columbo" auszeichnen, wo man als Zuschauer in die Rolle des Hedonisten schlüpft: Ich höre Columbos Erklärungen und empfinde pure Lust, wenn bei mir der Groschen fällt.
Columbo beginnt seine Ermittlungen in diesem Fall ja ungemein emsig. Irgendwie auffällig emsig. Wie 'ne Biene, die sich ihr eigenes Honig-Imperium aufbauen möchte.
Fand ich fast schon 'ne Spur zu übertrieben, wie er da zwischen Autos, Leiche und Stier rumwieselt.
Denn sein Misstrauen basiert doch auf einer Tatsache, die man nur halbwegs akzeptieren kann:
Das Opfer wollte offenbar einen Stier töten, der nicht sein Eigentum war.
Im Vergleich zu anderen Folgen doch eher eine schwache Basis für ausufernde Schnüffelei.
Ricardo Montalban ist für mich 'ne gute Besetzung für die Rolle des Star-Toreros: Gertenschlank, schroff im Umgang und überzeugend hilflos im Finale.
Natürlich, es entwickelt sich in den kurzen Gesprächen mit Columbo praktisch nix. Das "Columbo-Mörder-Spiel" bleibt extrem blass.
Das ist wirklich unterster Durchschnitt.
So wenig Dialoge zwischen dem Inspector und dem Mörder sind mir aus kaum einer anderen Episode in Erinnerung.
Das liegt natürlich vornehmlich an der üppigen Rahmenhandlung:
Columbo's Auffahrunfall und die langwierigen Folgen.
Gut, der Auto-Crash soll witzig sein. Das hab ich schon begriffen.
Allerdings wirkt das Ganze doch eher wie ein Werbespot der "Allianz" über Versicherungsschutz im Ausland.
Hat mich sowieso etwas gewundert, dass Columbo überhaupt Urlaub macht. Ich hatte immer gedacht, dass er nur auf Reisen geht, wenn seine Frau den Trip in der Tombola gewonnen hat.
Columbo und Urlaub ist für mich irgendwie ein Image-Bruch.
Ich kann mir auf jeden Fall nicht vorstellen, dass er sich irgendwo richtig erholen kann.
Und dass er ein Arbeitstier ist, stellt er in "Blutroter Staub" ja sehr gut unter Beweis.
Fazit:
Eine etwas abenteuerliche Charakterzeichnung des Schurken, aber wenn man diese Klippe übersprungen hat, befindet man sich in einer keinesfalls enttäuschenden Geschichte, die für mich noch schwache 3 Punkte wert ist.