Bei der Folge hatte ich schon immer den Eindruck, dass sie auf den ersten Blick ziemlich banal ist: Der einfallslose deutsche Titel, Shatner's aufdringliche Synchronstimme und auch die Handlung scheint mir auffallend einfach gestrickt.
Fast könnte man meinen, man hätte ein altes Märchen mit Krimi-Elementen angereichert, um es für die Neuzeit frisch aufzupolieren:
Der böse Stiefvater, die hübsche Stieftochter, dazu das gutgläubige Mordopfer, das wie ein Märchenprinz versucht, die im Elfenbeinturm gefangene Schönheit aus den Klauen des egozentrischen Fieslings zu befreien.
"Columbo-Freak" hat dafür mal wieder das richtige Wort gefunden: Die Figuren sind äusserst eindimensional.
Ich würde dieses Wort auch auf die Handlung beziehen: Das ist eine Form von Krimi, mit der man selbst Kinder im Vorschulalter nicht sonderlich überfordern würde.
Wer jetzt denkt, ich bewerte all das negativ, hat sich getäuscht.
Ich mag diese Folge.
Sie hat vor allem einen Riesenvorteil: Die Episode ist von der Logik von A bis Z absolut wasserdicht. Für mich ist diesmal zumindest keine Frage offen geblieben.
Und selbst, als ich noch überlegte, wie Fielding Chase überhaupt wissen konnte, dass sich im Haus des Opfers zwei Telefonanschlüsse befinden, wird prompt erwähnt, dass Fielding schon mal auf einer Geburtstagsparty in diesem Haus war. Somit war auch diese Lücke geschlossen. Respekt! Da hat man sich wirklich Mühe gegeben.
Im Gegensatz zur Folge "Mord im Bistro" gefällt mir auch William Shatner diesmal. Die Autoren haben ihm zudem Worte in den Mund gelegt, die ihn zu einem der ungehobelsten und sarkastischsten Mörder der gesamten Columbo-Reihe werden lassen.
Vor allem Columbo selbst bekommt das zu spüren, wenn Fielding etwa sagt:"Sie werden verstehen, dass ich Ihnen keinen 'Guten Tag' wünsche."
Oder noch gemeiner:"Haben Sie Probleme mit dem Gedächtnis? Vielleicht sollten Sie mal zum Arzt gehen."
Den "Oskar" in der Kategorie "Beste Unverschämtheit" gewinnt er aber mit seiner eindringlichen Bitte an die Rundfunknation:"Wenn Sie Artikulationsprobleme haben, rufen Sie mich besser nicht an."
Hoppla, ich glaube das grosse Vorbild von Harald Schmidt ist in Wirklichkeit Fielding Chase, oder???
Ich hab mich jedenfalls köstlich amüsiert über diese Art von durchtriebenem Zynismus.
Auch die Gestik von Shatner hat mich in zwei, drei Szenen verzückt.
Mit welcher souveränen Lässigkeit er etwa nach dem Restaurantbesuch mit seiner Hand andeutet, dass sein Auto vorgefahren werden soll: Genial!!!
Ich liebe diese kleinen, unbedeutenden Szenen(natürlich auch die grossen, bedeutenden
).
Denn diese winzige Handbewegung hat mir gezeigt, dass der Mann auch seine Extremitäten an seiner Arrroganz teilhaben lässt. Perfekt!!!
Fielding's Stieftochter dagegen hat mich weniger interessiert. Die weiblichen Nebenrollen bei "Columbo"(wie etwa auch bei "Tödliche Liebe") beschränken sich ja meist ohnedies auf das 'naive Dummchen'.
Bei "Todesschüsse auf dem Anrufbeantworter" will sich 'Aschenputtel' emanzipieren(war etwa Alice Schwarzer in L.A. zu Besuch und hat ihr den Kopf verdreht???
)
Na ja, das Emanzipationsproblem hat mir bei "Schritte aus dem Schatten" dann doch besser gefallen.(aber ich erinnere mich da an eine gewisse kontroverse Diskussion, "Columbo-Freak"
)
Die Überführung des Täters ist für mich dagegen sehr gut.
Yves hatte hier geschrieben, es wäre nur "ein weiteres Indiz".
Ich finde aber, dass es tatsächlich das entscheidende "Killer-Indiz" ist.
Denn da Fielding Chase unmöglich aus der Nähe seines Hauses in Malibu die Polizei anrufen konnte, folgt doch daraus, dass er zur Tatzeit auch nicht mit Jerry Winters gesprochen haben kann. Da er aber wusste, dass Jerry erschossen wurde, kann er sich ja nur in dessen Haus aufgehalten haben, als die Schüsse fielen.
Fielding hat kein Alibi mehr, er hat nachweislich gelogen, und zwar so entscheidend, dass er aus dieser Nummer unmöglich wieder rauskommt.
Und am Ende kommen dann auch mit Rad und Auto 7 Polizeibeamte um die Ecke. Etwa doch ein modernes Märchen??? Eine Andeutung auf die 7 Geisslein, die den 'bösen Wolf' reingelegt haben?
Ich bewerte die Folge dann doch lieber als 'gewöhnlichen Krimi', und der hat sich bei mir 4 Punkte verdient.