von smeagol » Di, 05.11.2019 19:08
Einer der Punkte, die mir in Columbo so gut gefallen, ist, dass einem ein spezieller Beruf, ein spezielles Umfeld oft realitätsnah vorgestellt wird und man in diese Welt eintauchen kann. Und schon das funktioniert in dieser Folge leider herzlich schlecht. Ein so aufstrebender Komponist und Dirigent, wie es Gabriel McEnery ist, würde keinesfalls so weltfremd sein. Er würde Konzerte geben, Engagements suchen und annehmen, sich als möglichst gut verkaufen. Denn dies muss jeder Profimusiker in diesem Gebiet. Aber er würde nicht devot seine Kompositionen abtreten und heimlich auf dem Dach die Konzerte nachdirigieren. Auch die Welt von Crawford hat so wenig mit einer Wirklichkeit zu tun. Da war die Darstellung des Herr Benedict in Etude in Schwarz um Welten besser, der sich auf Konzerte vorbereitet, tatsächlich Filmmusik einspielt und sich mit den Musikercharakteren herumeifert.
Wieder einmal ist die Berechnung des Täters, dass das Ganze wie ein Unfall aussieht und somit keine weiteren Untersuchungen angestellt würden. Dies ist einerseits sehr naiv (Eine Blutuntersuchung wir auf jeden Fall durchgeführt und wird das Ergebnis anzeigen) andererseits auch ohne Absicherung und somit unvernünftig dünn-häutig. Denn wenn untersucht wird, sind da einfach ein ganzer Haufen an Indizien. Nichts Anderes macht Columbo dann auch. Er erkennt die Punkte, dass der Fahrstuhl erst kürzlich in Betrieb war. Dass der Fahrstuhl auf der Aufnahme zu hören ist (! schon nur dieser Punkt lässt mir die zu wenigen Haare zu Berge stehen), dass die Luke auf dem Dach geöffnet wurde, da der Taktstock im Schacht runtergefallen ist, dass dieser Taktstock eindeutig zu Gabriel McEnery zugeordnet werden kann, schlussendlich auch, dass die preisgekrönte Musik von Gabriel und nicht von Crawford geschrieben wurde, dass sich Gabriel auf ein wichtiges Dirigat vorbereitet obwohl dies verneint wird. Ja, all das findet der Columbo heraus und kann mit der Fülle der Indizien Findlay Crawford "überführen", auch wenn nun nicht ein wirklicher Beweis vorhanden ist. Dies hat man wohl auch im Drehbuch irgendwann gemerkt und hat noch einen "Beweis" kreieren wollen, mit den Liebesnoten, die sich auf dem Taktstock befinden. Selbst die vagen Erklärungen hier im Forum können für mich keine valable Erklärung für diese Theorie bringen. Ich selbst glaube folgendes: Wie bei einem Zaubertrick wird auch im Film manchmal nur Schein als Handfestes gebracht. Es geht um den Effekt, wer den Film einmal sieht, der wird nicht gleich schlussfolgern können, dass das nicht aufgeht, oder er vertraut darauf, dass das schon schlüssig ist (ein geschickter Schachzug, da der Zuschauer sich ja nicht selbst zugestehen will, dass er den Zusammenhang nicht erkennt..). Erst, wenn man das Ganze in Ruhe analysiert, merkt man, dass man da (wie beim Zauberer) getäuscht wurde. Man hat halt wohl nicht damit gerechnet, dass die Folgen mal so detailliert auseinander genommen werden.
Wieder mal hat man bewusst das Karma gross eingebaut. Dies passiert doch sehr oft in den Folgen. Hier erledigt sich Herr Crawford indirekt selbst, indem er seinen begabten Schüler eliminiert. Er selbst bringt die Musik nicht in der Qualität hin und kommt so unweigerlich in grosse Probleme.
Zur Story selbst habe ich wenig anzufügen. Sie ist mehrheitlich etwas langgezogen und holprig aber ohne nennenswerte Fortschritte. Traurig ist, wie hier Columbo dargestellt wird. Man kann ja das Alter sehr wohl einflechten, aber dass er sich so komisch verhält, singen muss, so begriffsstutzig ist und von der Autolangsamfahrt gar nicht zu sprechen, das hat er wahrlich nicht verdient. Zum Glück konnte noch eine abschliessende Folge gedreht werden, wo er doch um einiges Besser rüberkommt.
Zur Bewertung, die Folge stösst mich nun nicht gerade ganz ab, hat aber ansonsten, ausser etwas unterhaltsame Teile, wenig erfreuliches zu bieten. 1.5 Sterne, die ich einfach auf einen abrunden muss..