Bewertet: "Der erste und der letzte Mord"

Hier könnt ihr die einzelnen Folgen bewerten bzw. die Meinung der anderen Mitglieder lesen.

Wie bewertet ihr "Der erste und der letzte Mord"?

1/5 schlecht
1
2%
2/5 passabel / "na ja"
3
7%
3/5 gut
9
20%
4/5 sehr gut
26
57%
5/5 überragend / ausgezeichnet
7
15%
 
Abstimmungen insgesamt : 46

Re: Bewertet: "Der erste und der letzte Mord"

Beitragvon Klaus » Do, 11.02.2016 17:30


Dr. Bart Kepple hat geschrieben:Zu Wade Anders:
Ich habe mal gehört, dass man so ca. 30-50 Fehler bei einem Mord begeht.


Also wenn das wirklich so wäre, würde wahrscheinlich jeder Mord sogar ohne Polizei aufgeklärt. Aber glücklicherweise macht fast jeder Mörder auch im wahren Leben Fehler, ansonsten würde vermutlich überhaupt kein Mord aufgeklärt werden können. Manchmal reicht dafür nur ein kleines Fehlerchen wie in "Wenn der Schein trügt", was Columbo dem erstaunten Santini bei der Überführung auch triumphierend unter die Nase reibt: "Sie haben EINEN Fehler gemacht!", was ja bekanntermaßen das Farbband der Schreibmaschine betraf.

Unabhängig davon schaue ich mir diese Folge immer wieder gerne an, trotz des nicht gerade vor Einfallsreichtum strotzenden deutschen Episodentitels, da George Hamilton hier als aalglatter und jederzeit feingebügelter amerikanischer Ganoven-Ede eine glänzende Vorstellung abgeliefert hat und Eckart Dux verleiht ihm in der deutschen Fassung auch die perfekte Mischung aus Coolness und Schlüpfrigkeit. Sätze wie "Diese Dinger können einen umbringen", "Das hat man nun davon" oder Anders' letzte Worte "Ein Hund... und sowas ist nun der beste Freund des Menschen" sind für mich die absoluten Brüller!!! *lol*

Übrigens gehört der dauerqualmende Schornstein namens Budd Clarke nach meinem Empfinden zu den unsympathischsten Mordopfern in der gesamten Serie :maul: , dafür aber seine große Sekretärin zu den attraktivsten Frauen, die jemals in einer Columbo-Folge mitgespielt haben, was ich gar nicht oft genug betonen kann, seufz.

Nur: selbst wenn Anders auf dem Überwachungsband der Fehler mit der Hecke nicht passiert wäre, hätte dies aus meiner Sicht seine ständige Anwesenheit im Büro nicht bewiesen, da auf dem Band lediglich sein Kommen und Gehen zu sehen ist. Sorry, falls wir diesen Punkt hier schon hatten... :noidea:

Gruß
Klaus
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Re: Bewertet: "Der erste und der letzte Mord"

Beitragvon smeagol » Sa, 15.09.2018 19:52


Zigarettenstummel, die nicht geraucht wurden. Zigaretten, die auf verschiedene Arten ausgedrückt wurden. Ein Text, dessen Formatierung unterschiedlich zu allen anderen ist, ein ausgedrucktes Blatt, das nur auf einer Seite Fingerabdrücke hat und so nicht aufgenommen worden sein kann. Das sind alles wirklich gute Indizien, die eine wunderbare Arbeit Columbos geben würden. Und hier kommt dann auch schon das Problem für mich: All diese wunderbaren Indizien, denen merkt man allen an, dass sie gar nicht nötig und passend sind. Dass sie wohl nur ins Drehbuch gelangt sind, weil man Columbo irgendwie auf die richtige Spur bringen muss. Wenn man es genauer anschaut: Warum die vorbereiteten, abgebrannten Zigaretten? Will der Täter ausdrücklich zeigen, wie viel sein Opfer geraucht hat? Wäre doch ganz ohne gegangen, so ein Herzkasper kommt ja nicht nur dann, wenn gerade der Zigarettenrauchrekort eingestellt wird. Oder will Wade Anders hinführen, dass ein anderer vor Ort war und den Mord begangen hat? Und warum der Text mit dem Titel "Flucht in den Tod" platziert unter Budd Clarke.. soll nun entgegen vorherigem der Eindruck erweckt werden, das Opfer hat Selbstmord begangen? Und das mit übermässig viel Zigaretten? Was nur ist da passiert mit dem Drehbuch? Man hatte glaube ich grössere Probleme, da den Weg zu finden, das ist einfach nur Murks.
Abgesehen davon müsste ein Wade Anders ja wissen, dass sein Gift nachgewiesen wird und die Todesursache so klar wird. Da erpresst Clarke den Anders mit einem Pornodreh aus dessen jungen Jahren. Ich weiss nicht, aber selbst anfangs der 90er Jahre wäre das doch maximal eine Jugendsünde, wo die Leute rasch mal drüber weg schauen würden. Heutzutage würde man sich wohl sogar lächerlich machen, eine solche Geschichte überhaupt öffentlich zu machen. Wie auch immer, was ist denn nun die Erpressung? Entweder du trittst von der Sendung zurück oder ich mache das öffentlich, auf dass du ev. von der Sendung zurücktreten musst?
Zurück zur Folge: Das Ganze tümpelt mir im Mittelteil etwas zu sehr vor sich hin, bis es am Ende nochmals Tempo aufnimmt. Ein paar Lustige Szenen gibt es, etwa Columbo im Pornoverleih. Auch weniger originelle, wie Columbo und Anders fahren mehrfach aufeinander, da beide jeweils zurücksetzen und dann wieder anfahren.. wenig unterhaltend. Zu Ende findet dann Columbo die zwei tatsächlichen Beweisstücke: Das Überwachungsvideo ist zusammengeschnitten. Hier ist dann die wirklich gute Szene. Man sieht als Zuschauer Columbo zu, wie er auf dem Video Anders kommen und Stunden später gehen anschaut. Tatsächlich kann man hier als Zuschauer selbst herausfinden, dass das Gebüsch im Hintergrund von frisch geschitten zu wuchernd wechselt. Man könnte hier also sogar vor Columbo erkennen, dass da was nicht stimmt. Das ist klasse gemacht. Dann ist da noch der Hund.. hat natürlich ausgerechnet an einer Pfote nur drei Krallen und macht ständig Kratzer in alle Autos.. so auch beim Täter und bei Columbo.. die genau gleichen. Also muss der Täter beim Opfer gewesen sein.. das ist etwas sehr weit hergeholt, also diese gesamten Konstellationen.
Für mich macht diese Folge leider nicht so wirklich Spass auch ohne dass sie nun schlecht wäre. Das gibt drei Punkte, was ja immer noch Gut heisst. Hat übrigens jemand den Titel kapiert?

Nachtrag: Es ist mir noch folgendes schlussendlich zu den vielen unnötigen und fehlerhaften Taten am Tatort in den Sinn gekommen. Wie wäre es, wenn Wade Anders diese ganzen Indizien bewusst so eingestreut hätte, so dass es eben nach einem Mord mit dilettantischem Versuch der Vertuschung aussehen soll. So nach dem Motto, ein primärer Zusammenhang zu mir ist nicht gegeben und als Mörder würde ich als Spezialist dann rasch ausgeschlossen, weil so viel Unnötiges, Falsches gemacht wurde. Falls das tatsächlich so gedacht gewesen wäre, hat man es leider verpasst, dies entsprechend zu vermittelt. Diese Variante würde mir nämlich recht gut gefallen.
smeagol
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Re: Bewertet: "Der erste und der letzte Mord"

Beitragvon Patrick_B » Di, 14.05.2019 21:18


Das erste offensichtliche Problem dieses Films ist das Mordmotiv: Anders wird mit einem Porno erpresst, den er in seiner Jugend gedreht hat. Sowohl die Erpressung als auch der Mord ist Schwachsinn: es ist ja nicht so, dass Clarke die exklusiv einzige Kopie des Films hätte. Anders ist ein Superpromi, spätestens nachdem er die Oscarverleihung moderiert hat - da kann man die Wochen an einer Hand abzählen, nachdem irgendein anderer die Verbindung herstellt und an eine Boulevardzeitung verkauft. Mit diesem Mord wird das Unvermeidliche nur kurz aufgeschoben.

Auch der Mord ist alles andere als gut durchgeführt. Dass das Gift bei einer Autopsie festgestellt wird - ich bin mit dem Gepflogenheiten nicht vertraut, aber in diesen Umständen sollte diese eigentlich Standard sein - ist klar. Anders denkt zwar an alle Kleinigkeiten, die bei dieser Mordmethode verschleiert werden müssen, baut aber bei jeder einzelnen mindestens einen fatalen Fehler ein: falsch ausgedrückte Zigaretten, nicht gerauchte Zigaretten, Konsistenzfehler in der gefälschten Aufzeichnung der Überwachungskamera und so weiter... Das kommt in der Folge zwar nicht vor, aber dass er am helllichten Tag einfach beim Opfer vorfährt, ist auch viel zu riskant.

Dass bei so vielen Angriffspunkten der Gotcha schwach ist, ist äußerst schade. Anders hat die gleichen Kratzer wie Columbo an der Tür und deshalb ist bewiesen, dass er zur Tatzeit im Haus war? Nee, das ist viel zu weit hergeholt: Hundekrallen haben keine Fingerabdrücke. Der Täter hat zwar behauptet, dass er nie im Haus des Opfers war, aber es ist ein leichtes, hier einen früheren Besuch zu erfinden, den er vergessen hat. Mit dem Riesenhaufen Fehler ist er wahrscheinlich trotzdem dran, aber trotzdem...

Was mir dagegen wirklich gut gefallen hat, ist Columbos Methode: die meisten Fakten findet er schon in den ersten Szenen, teilt diese aber nur nach und nach mit Anders. Trotz ein paar Längen im Mittelteil fand ich das Prozedere unterhaltsam. Hamilton verzieht als Wade Anders zwar kaum eine Miene, die Genervtheit kommt aber trotzdem gut rüber.

Alles in allem guter Durchschnitt, drei Punkte.
Patrick_B
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Re: Bewertet: "Der erste und der letzte Mord"

Beitragvon Columbologe » Fr, 18.03.2022 08:08


George Hamilton gehört vom Charisma und seiner Originalstimme her zu den Top 5 meiner Mördertypen in "Columbo". Totlachen muss ich mich bei "Der erste und der letzte Mord" immer über das Gesicht von Wade beim ersten (unerwartet schnellen) Wiedersehen mit Columbo, während Wade gerade ein Interview gibt. Überhaupt ist die Folge für mich immer ein Genuss und ein weiterer Beweis, dass viele 90er Columbos inhaltlich immer noch mit den Klassikern der 70er mithalten können. Die Hinweise, die Columbo entdeckt, sind einfallsreich. Klar hat Wade Anders dumme Fehler gemacht, aber ein Mörder, der keine Fehler macht, wäre fast nicht zu ermitteln. Columbo fällt auf, dass jemand, der seine Zigaretten zum Löschen sonst ausdreht, sie nicht plötzlich entgegen seiner Gewohnheit ausdrücken würde. Das mit dem fehlenden Nikotinfleck finde ich wesentlich origineller als - was man auch als Idee hätte nehmen können - fehlender Speichel von Budd Clarke auf den Zigaretten.

Die Autoren Armin Block und Stefan Fuchs haben in ihrem "Großen Buch für Fans" einen Fehler gemacht: Sie haben beide nicht verstanden, warum Wade Anders Zigarettenstummel von zuhause mitbringt und sie nicht direkt vor Ort abbrennen lässt. Dazu sage ich: Natürlich, weil keine Spuren von Nikotinsulfat aus der tödlichen Zigarette gefunden werden sollten, deren Asche Budd Clarke während seiner letzten Minuten in seinem Aschenbecher abschüttelt. Dafür muss der Aschenbecher erst geleert und gesäubert werden. Und damit kein leerer Aschenbecher auf dem Tisch eines Kettenrauchers Skepsis erweckt, musste Wade hinterher andere Zigaretten einfüllen.
Man hätte noch kritisieren können, dass die Idee von individuellen Kratzern als Beweis schon in "Waffen des Bösen" gebraucht wurde, aber zwischen Diamantenkratzern auf Glas und Hundekrallenkratzern auf Blech ist schon noch ein Unterschied, so dass man die Idee nicht als gestohlen betrachten muss.
Als Block & Fuchs in ihrem Fanbuch schrieben, dass "Hund" ein Weibchen sei, hätte sie jemand durchschütteln sollen und brüllen: "Habt ihr denn vergessen, dass Columbo in >> Momentaufnahme für die Ewigkeit<< eine Art Pin-up Girl für seinen liebeskranken Hund haben wollte?" :wink:
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