Bewertet: "Schwanengesang"

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1/5 schlecht
1
1%
2/5 passabel / "na ja"
2
3%
3/5 gut
11
15%
4/5 sehr gut
20
27%
5/5 überragend
41
55%
 
Abstimmungen insgesamt : 75

Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon JustOneThing » Di, 08.11.2016 22:45


Nach reichlich vier Jahren Abstinenz melde ich mich mal wieder mit einer Folgenbewertung zurück.
Wieso gerade jetzt? Ganz einfach weil ich nach längerer Zeit wieder mal die DVD-Sammlung hervorgekramt habe und gerade dabei bin, mir einige gute Columbo-Folgen anzuschauen... und wenn man damit einmal beginnt... kann man die nächste Folge kaum erwarten.
Aber wem sage ich das - hier im Columbo-Forum... :wink:
Übrigens - als ich meinen letzten Beitrag hier verfasst habe, war Peter Falk noch am Leben, wenn auch schon sehr krank - aber eben noch auf dieser Welt.
Tja, die Zeit vergeht...

Nun zur Kurzbewertung der Johnny-Cash-Folge, wie man diesen, voll und ganz auf die Figur des ehemaligen Country-Stars zugeschnittenen Krimi wohl nennen darf.

Und gleich zu Anfang bin ich mal wieder nicht ganz so "auf Linie", wenn ich die übrigen Kommentare zu dieser Folge lese.
Keinesfalls würde ich den Film als schlecht bezeichnen, oder gar langweilig.
Man kann das Mordmotiv am Anfang recht schnell erahnen und, wie so oft geschrieben, den späteren Mörder in seiner Mordlust etwas verstehen. Zumindest was seine "liebreizende" Gattin betrifft.
Dennoch geht Tommy Brown mit einer ziemlichen Gefühlskälte vor und nimmt sogar den Tod eines eigentlich mehr oder weniger unschuldigen jungen Mädchens, das einfach nur unter dem dominanten Einfluss von Mrs. Brown steht, gleichgültig in Kauf.

Der ausgeklügelte Mordplan ist gut, wenn auch selbst für den Mörder ziemlich riskant. Denn wer weiß schon so genau, wie man bei einem Fallschirmsprung bei solch widrigen Wetterverhältnissen und mit einem "halben" Fallschirm irgendwo in der Prärie landet...?!

Während man anfangs noch mit etwas Verständnis für den "armen Barden" auf die geplante Tat schaut, entwickelt sich der Charakter Tommy Brown im weiteren Verlauf des Films eher negativ. Auf einmal stehen teure Autos und das Luxusleben ganz oben im Leben des Sängers. Von Reue, gerade auch in Bezug auf das mit getötete junge Mädchen, keine Spur.
Columbo verbeißt sich recht schnell und fest in Browns Umfeld... taucht immer wieder überraschend auf... oder ist manchmal einfach noch nicht ganz "weg"... während der Mörder sich in Sicherheit wiegt und eigentlich verräterische Telefonate führt.
Die Indiziensuche ist interessant und typisch Columbo (z. B. die Sache mit den fehlenden Karten im Pilotenkoffer oder der verschwundenen Thermoskanne), was ich von der Auflösung, bzw. der Überführung des Mörders nur teilweise behaupten kann.
Zwar ist es durchaus raffiniert vom Inspektor, den Mörder "scharf" zu machen, dass dieser sich genötigt sieht, seinen an der Absprungstelle versteckten Fallschirm zu bergen (und damit sich selbst zu überführen), andererseits wirkt auf mich die Tatsache, dass ausgerechnet an dieser Stelle, wenige Meter entfernt, unser Inspektor gemütlich Zigarre rauchend, auf dem Auto hockt und, als hätte er das Versteck bereits gekannt, auf den Mörder wartet.
Hat er das Versteck gekannt und wurde es in der Geschichte vorher einfach nicht "erwähnt"? Zumindest wäre das die einzige plausible Erklärung, wieso Columbo ausgerechnet an dieser Stelle auf Brown wartet.

Country-Star Johnny Cash als mordender Erfolgssänger war womöglich ein geschickter Schachzug, zumal Cash zu Beginn der 70er Jahre in den Staaten ein recht gefeierter "Popstar" war... und das bei seinen Fans auch bis zu seinem Tod geblieben ist. Dennoch werde ich mit ihm als Columbo-Gegenspieler nicht so recht warm, so dass die Folge "Schwanengesang" trotz guter Story und interessanter Aufklärungstaktik nicht zu meinen Tops gehört.

Der Schlusssatz "...jemand der solche Musik macht, kann nicht ganz und gar schlecht sein..." könnte nur noch getoppt werden von Sätzen wie: "Wer Hunde und Katzen mag, kann anderen nichts böses tun". Wir wissen nur zu gut, dass das purer Blödsinn ist.

Ich hab diesem Columbo aus der ersten Serie mit 3 von 5 Punkten bewertet, als guten Krimi mit kleinen Schwächen.
Aber jeder hat eben so seine ganz eigenen Lieblingsfolgen... :smoke:
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Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon smeagol » Do, 02.08.2018 15:22


Diese Folge war mir von Früher her nur schwammig in Erinnerung. Auf das neue Sehen hatte ich ein etwas flaues Gefühl. Ich mag es meist nicht so, wenn Stars plötzlich noch in Filmen etc. vorkommen. Eine Lobhudelei ist dann zu befürchten und dass ihre Hits in Dauerschleife eingebracht werden. Und nun hier? Ja, auch hier ist es der Fall. Cash wird ausserordentlich nett dargestellt, einer der nettesten Mörder über alle Folgen mit charmantem Stil und ein Opfer, bei welchem man nicht genug früh erlöst sein kann. Und seine Musik kommt für meinen Geschmack zu viel vor. Bin aber auch nicht explizit ein Country oder Cash Fan, find ich nicht schlecht aber ist längst nicht so meine Welt. Und ich finde diese Folge richtig toll.
Beginnen wir mit dem, was nicht so stimmig war: Wie schon öfters angemerkt, ist diese Variante Mord kaum zum Gelingen möglich. Das unkontrollierte Flugzeug würde wohl Kilometer weit weg abstürzen. Ein Minimalfallschirm wird nur gering lenkbar sein. Dass sich Brown dann mit gebrochenem Bein über längere Distanz in unwegsamem Gebiet durchkämpft, das ist jenseits aller Logik. Zu allem Überdruss ist beim Landeort Browns auch noch gerade ein liegender, ausgehöhlter Baumstamm vorhanden, wo der Fallschirm perfekt versteckt werden kann..
Wenn wir nun von einer geglückten Tat, wie es im Film ja vorgespielt wird, ausgehen, so macht Brown mit dieser Mordvariante trotzdem einen groben Fehler. Etwas vom ersten, was Columbo sagt, ist "Dass da überhaupt einer lebendig raus gekommen ist..". Und das meint er nicht rhetorisch sondern genau so. Für Columbo ist klar, dass so ein Absturz kaum zu überleben ist. Und wenn denn, dann sicher nicht mit nur einem Bruch. Für Columbo ist schon da klar, dass da was nicht stimmt und seine Suche beginnt systematisch.
Es folgt nun eines der besten Spiele zwischen Columbo und dem Mörder. Cash ist, zu meinem Erstaunen, nicht einfach ein Superstar, der etwas Schauspielern tut. Nein, er zeigt hier grossartige Klasse. Herrlich, wie er Columbo immer kontern kann, auch wenn dessen Bild immer exakter wird. Columbo macht mal wieder eine Falle der Extraklasse. Indem er angeblich nach der Trinkflasche suchen lässt, zwingt er den Täter, den versteckten Fallschirm irgendwie zu entfernen. Und auch hier behält Brown den kühlen Kopf. Macht seine Spässchen mit Columbo, der sich da im Flughafen zu verstecken versucht. Ich finde, das ist das allereinzigste mal, dass der Täter über Columbo steht. Brown geht nicht etwa nach dem Fallschirm suchen, sondern verschwindet im Flugzeug und fliegt davon. Und genau da, genau da habe ich mir insgeheim gewünscht, er möge davonkommen. Aber natürlich wissen wir alle, dass Columbo seine Fälle löst, auch diesen. Columbo stellt fest, dass Brown den Schlüssel des Mietautos noch bei sich hat und schlussfolgert richtig: Der Täter kommt zurück. Columbo muss nur zur Absturzstelle fahren und warten.
Dass Brown ins Flugzeug sitzt, ein paar Stunden hin und her Fliegen in kauf nimmt, das ist genial. Was ist schon dieser Aufwand gegenüber jahrelangem Gefängnis? Und Columbo ist für einmal tatsäch so gut wie ausgezählt. Wäre der Täter davon gekommen, hätte er den Fallschirm erst mal einfach liegen lassen? Gut möglich, so schnell findet man den ja dort nicht.
Es gibt viele lustigen Szenen und Gespräche in der Folge. Etwa der Bestatter, der für Columbo schon mal was verkaufen möchte oder der Offizier in seinem Büro, dessen unheimlich wichtiges Telefon durch Columbo kurz gebraucht wird und gerade jetzt ein Alarm eintreffen könnte.. herrlich. Die Dialoge zwischen Columbo und Brown sind spitze. Beispiel: Brown wähnt sich alleine und telefoniert, der Bau des Tempels werde gestoppt. Columbo hat natürlich mitgehört. Der Täter geht gleich in die Offensive: Ich habe nichts zu verbergen, sie können ruhig zuhören. Columbo: Ich habe nicht zugehört, aber ich habe schon heute morgen die Meldung durch meine Nachforschung erhalten. Hier sind wirklich beide auf absoluter Höhe.
Das ist eine Folge, die richtig Spass macht und Spannung bis zu letzt bietet. Die fünf Punkte sind für mich klar. Gefallen hat mir insbesondere das Zusammenspiel und die saubere Arbeit Columbos, der ohne Polemik Stück für Stück zusammensetzt.
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Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon Patrick_B » Do, 21.02.2019 22:32


Wer der Star dieser Folge ist, braucht man vermutlich nicht erwähnen: Johnny Cash, im wahren Beruf Superstar. Und er macht seine Arbeit nicht schlecht, man nimmt ihm die Rolle ab. Und auch wenn die Rolle des Tommy Brown natürlich von Cashs echtem Beruf inspiriert ist, ist diese anfangs nicht schmeichelhaft: Brown steht auf minderjährige Mädchen, knallt eine Sechszehnjährige und bringt sie zusammen mit ihrer erpresserischen Mutter um. Das Mordmotiv ist nachvollziehbar und der Tod des Mädchens zwar unschön, aber zwingend.

Der Mord selbst war einzigartig, gut geplant und krankt nur daran, dass Brown seine Gitarre nicht opfern kann. Zugegeben, der Plan ist äußerst risikoreich und hätte sowohl in einer unrettbaren Situation (Brown kommt nicht nahe genug am Flugzeug zu Boden oder verletzt sich so stark, dass er den Fallschirm nicht verstecken kann) oder dem eigenen Tod enden können - aber bei dieser Ehehölle kann ich jedes Risiko nachvollziehen.
Der Großteil des Films hat mir richtig Spaß gemacht, denn Johnny Cash ist eine Charismabombe und Columbos Ermittlungen sind allesamt nachvollziehbar. Das ist richtig gut geworden. Auch die Auflösung hat mir gut gefallen, vor allem da die Columbo-Falle diesmal nicht vorm Zuschauer verheimlicht wird.

Trotzdem muss ich dem Film aus zwei Gründen die Höchstwertung verwehren. Erstens, ein paar Szenen wirken gestreckt und treffen nicht meinen Humor, z.B. die Szene mit dem Bestattungsunternehmer. Außerdem habe ich das Gefühl, dass Johnny Cash ein bisschen zu sehr in den Hintern gekrochen wurde, um ihn trotz der oben genannten negativen Eigenschaften Browns von der Rolle zu überzeugen. Ein paar Lieder weniger hätten es auch getan und der Dialog am Schluss (wo gesagt wird, dass Tommy Brown sich sowieso gestellt hätte) ist völlig aufgesetzt und unpassend. Trotzdem klare und sehr gute vier Punkte.
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Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon Columbologe » Fr, 22.02.2019 09:51


@Patrick_B In den wilden 70ern war man noch nicht so moralisch verklemmt wie heutzutage und die sexuelle Selbstbestimmung beginnt sowieso mit 14 Jahren, deswegen brauchte man Johnny Cash bestimmt nicht großartig zu überreden, sich mit der Rolle des Tommy Brown anzufreunden.
Brown behandelt Columbo in respektvollem Ton wie einen guten Freund. Als unterdrücktes Arbeitstier kann er mit dem unterbezahlten Polizisten auf einer Augenhöhe kommunizieren und mit ihm sympathisieren. Unter diesem menschlichen Gesichtspunkt nehme ich Brown ab, dass seine Tat ihm seelisch so sehr zugesetzt hat, wie er es sich vorher nicht hätte vorstellen können, und dass er irgendwann ein Geständnis abgelegt hätte.
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Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon Patrick_B » Fr, 22.02.2019 15:57


Mit dem Opfer (das meiner Vermutung nach vielleicht sogar gezielt von der Sektenmutter auf Brown angesetzt wurde) würde ich das ja vielleicht noch durchgehen lassen, aber die Szene am Klavier spricht da doch eine ganz andere Sprache. Hier macht sich Brown an seine Klavierschülerin ran, der die Sache äußerst unangenehm ist. Er lässt sich nicht mal vom Argument der Trauerzeit, offensichtlich vorgeschoben damit er sie in Ruhe lässt, abwimmeln.
Selbst wenn man nicht davon ausgeht, dass ohne Columbos Auftauchen ein sexueller Übergriff stattgefunden hätte, ist die Intention der Szene eindeutig, Brown in einem negativen Licht zu zeigen.

Wenn es sich um eine Effekttat gehandelt hätte, könnte man das vielleicht noch verargumentieren, aber hier handelt es sich um einen kaltblütigen, lange (vermutlich wochenlang) im Voraus vorbereiteten Mord. Wenn Brown sich wirklich insgeheim danach gesehnt hätte, dass er gefasst wird, hätte er den Fallschirm an Ort und Stelle gelassen und sich dem Zufall des Suchtrupps ergeben. Und nur weil ein Mann singen kann, macht ihn das nicht zu einem guten Menschen. Nein, Brown ist ein sympathischer Mann ohne die Columbo-Mörder typische Arroganz, aber das macht ihn nicht zu einem gefallenen Engel. Ich finde das überhaupt nicht überzeugend.
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Re: Bewertet: "Schwanengesang"

Beitragvon Columbologe » So, 24.02.2019 00:48


Ein Engel ist der Doppelmörder durch seine Schandtat freilich nicht, aber der Teufel in dieser Ehe war auch nicht Tommy, und das macht sein Handeln verständlich. Ein offener Annäherungsversuch, bei niemand zu etwas gezwungen wird, ist noch nichts Verwerfliches. Die Intention der Szene scheint mir eher, Tommy noch sympathischer zu machen, denn Tina die Klavierspielerin soll immer weggerückt sein, wenn Brown ihr näher kam (sagt er), also hat er Tinas Intimsphäre stets respektiert, ist nie zu weit gegangen und wäre es auch diesmal nicht, zumal er ja jetzt die freie Auswahl hat bei so vielen kreischenden Fans. Die Szene stellt also eher klar, dass Tommy Brown kein fleischgieriger Mädchenfresser ist, was man andernfalls vielleicht hätte denken können.
Es macht schon noch einen Unterschied, ob man gefasst wird oder sich freiwillig stellt, deswegen konnte Tommy, selbst wenn er bereits zum Geständnis tendiert hätte, nicht zulassen, dass er durch das Finden des Fallschirms aktiv geschnappt wird.
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