Ich hatte ja versprochen, hierzu noch was zu sagen.
Anfangen möchte ich mit der Traumschiff-Folge. Mein Erstkontakt mit Columbo und seither hat sich meine Wahrnehmung der Folge von positiv zu durchwachsen und wieder zurück zu positiv verändert.
Ich weiß nicht mehr, wann genau ich die Folge zum ersten Mal sah, vielleicht mit 12, und auch nicht, ob es definitiv meine erste Columbo-Begnung war... ist aber auch nicht entscheidend.
Ich war einfach nur begeistert. Ein zottelknautschiger Inspektor ermittelt auf einem Kreuzfahrtschiff und erwischt den Bösewicht auf seine eigene Art. Er verhört ihn nicht auf einem Polizeirevier und jagt ihn erstmal um zehn Blöcke mit gewagten Sprüngen und Automanövern, sondern verwickelt ihn in scheinbar belanglose Gespräche und sammelt bedächtig Beweise.
Beim zweiten und dritten Mal war ich leider nicht mehr so begeistert. Columbo kannte ich ja inzwischen und auch seine anderen Fälle.
Mir ging der Mittelteil mit den ausgedehnten Band-Einlagen auf den Keks, vor allem das Gesinge des späteren Opfers. Das dehnte sich ewig und wurde nicht besser.
Beim erneuten Schauen nach einer Weile wusste ich ja, was auf mich zukam und nahm das Geträller gelassener.
Es rückt wieder das in den Vordergrund, was mich anfangs an der Folge mitriss.
Nummer zwei: Alter schützt vor Torheit nicht
Fand ich doof, das fing schon mit Columbos Gehüpfe und Fotografieren an. Das war mir einfach zu klischeehaft und plump aufgetragen. Als ob der Inspektor bis dahin in Hintertupfingen ermittelt und noch nix von außerhalb gesehen hätte
So richtig mag ich die Szenen immer noch nicht. Aber ich hab mich mit dem Rest der Folge sehr angefreundet. Den fand ich beim ersten Mal auch nicht überwältigend, obwohl ich London an sich schon immer total cool fand (durch den Hexer
).
Vielleicht, weil Theater nicht so meins ist und das Mörderpärchen gewöhnungsbedürftig war.
Bei einer Wiederholung entdeckte ich aber so viele liebenswerte Kleinigkeiten, das Paar spielte sich in mein Herz und sogar die Theaterpampe
bekam ihren Reiz.
Diese Folge schaue ich mir aber in einer bestimmten Stimmung an, wenn ich für ihre Reize und Atmosphäre empfänglich bin.
Die dritte Folge ist Wein ist dicker als Blut.
Hier liegt die Sache etwas anders. Ich fand sie vom ersten Augenblick an wunderbar, das hat sich bis heute nicht geändert.
Allerdings liegen dazwischen keine Jahre, ich lernte sie erst vor ungefähr drei Jahren kennen.
Ich lernte sie in einer Zeit kennen, die nicht zu meinen besten gehört, was nicht zuletzt an Rauschmitteln lag. Dabei hatte Wein auch mal seinen Platz.
Bei Drogen kommt man ja meist an den Punkt, an dem es nur noch entweder/oder gibt, zumindest wenn man bereits einen Eintrag im Suchtgedächtnis hat. Das dauert bei manchen Jahre oder ein Jahrzehnt, bei mir gings schneller.
Auf Experimente lasse ich mich nicht ein, ich hab da ganz klar eine Entscheidung getroffen.
Deshalb sehe ich diese Folge aber noch nicht mit anderen Augen, jedenfalls nicht hauptsächlich.
Ich hab ja einen naturwissenschaftlichen Hintergrund und aus diesem heraus analysiere und hinterfrage ich gerne, gehe zu den Grundlagen.
Alkohol ist da besonders interessant. Ich hab das Thema aus allen Blickwinkeln betrachtet, Betroffenensicht, Co-Sicht, Kindersicht, medizinischer/therapeutischer Sicht, Forschersicht, wirtschaftlicher Sicht, historischer und evolutionsbiologischer Sicht.
Wusstet ihr, dass Napoleon seinen Kriegern täglich einen halben Liter Wein spendierte?
Sehr interessant das alles. Katastrophal war allerdings der Einblick in die "Familienkrankheit Alkohol". Von Betroffenen erzählt. Auch real, in einer SHG.
Dadurch hat sich meine Sichtweise auf diese Folge nachtürlich auch geändert. Ich sehe den kollektiven Selbstbetrug, der ja auch für unsere Gesellschaft und ihren Umgang mit Alkohol typisch ist.
Solange jemand genussvoll an seinem Weinchen nippt, ist er ein beneidenswerter Genießer, überschreitet er die Schwelle zur Abhängigkeit (keiner weiß, wo die bei jedem genau liegt), wird er ausgegrenzt und ist "bäh!".
Dazwischen liegt noch die Phase der heimlichen Sauferei und des äußerlichen Scheins und Funktionierens. Das sind dann die Zahnärzte, Busfahrer, Lehrer, sogar Suchttherapeuten und Autofahrer, die mit ihrem Level uns alle in Gefahr bringen. Bei denen üblicherweise aber kollektiv weggeschaut wird.
Eine völlig lockere Sichtweise werd ich wohl nie mehr haben, das tut dem Carsinivergnügen aber keinen Abbruch.
Es ist ja auch nicht so, dass ich ständig an den Teufel Alkohol denke, wenn ich die Folge anschaue... aber irgendwo hab ich schon einen kritischeren Blick als früher.
Ich hab halt auch die Schattenseiten im Blickfeld, während der Zuschauer ohne Sensibilisierung nur das "coole Weinritual" sieht.