von Hund » Fr, 04.07.2003 23:25
So weit hergeholt ist das gar nicht. Sie identifizierte das Mordopfer mit seinem Monokel, was sehr nahe liegt, denn auch damals war ein solches Einglas schon ganz ungewöhnlich und eher ein Zeichen von Exzentrität oder eine Marotte, jedenfalls so selten, dass das Monokel Symbol der es tragenen Person werden konnte. Wenn sie nun die Person aus ihrem Bewusstsein verdrängte, musste sie auch das Monokel verdrängen. Dieses hatte sich aber so stark in ihr festgesetzt, das es geradezu durch Verdrehung des Wortes beschworen werden musste, sozusagen in einem magischen Akt. So wurde aus dem Monokel etwas ähnlich Klingendes, das aber eine völlig andere Bedeutung besitzt, und da sie offenbar Französisch sprach, war es nur ein Schritt vom "monocle" zu "mon oncle". Ich habe bei Kindern schon beobachtet, dass ein mit Angst besetztes Wort in ein ähnliches mit anderer Bedeutung, manchmal sogar in ein Phantasiewort ohne Bedeutung umgeformt wird. Nur - es funktioniert nicht auf Dauer. Zwar kommt -im Beispiel- das Monokel zunächst nicht zurück ins Bewusstsein, aber der französische Onkel, und es braucht erst längere Erinnerungsarbeit, um die Verbindung zum Monokel und damit zum Mordopfer wiederherzustellen, was hier durch die zerbrochene Glasschüssel geschieht (auch das Monokel ist schließlich aus Glas). Zuletzt erscheint das Monokel selbst und damit auch der Ermordete wieder in der Erinnerung.
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