neue mavericks braucht das land!

Themen rund um den Inspektor Columbo.

neue mavericks braucht das land!

Beitragvon amoruritme » Mo, 27.08.2007 00:48


Ausgehend von meiner These vom pseudofranziskanischen Charakter Columbos (Indizien: seine Trenchcoatkutte, sein italienischer Nach- bzw sein Vorname, seine chlochardeske Vorgangsweise, seine sich gelegentlich bis zur Selbstverleugnung steigernde Demütigkeit,...) möchte ich eine besonders unzeit(geist)gemäße Frage als Forrest-Gump-Feder im virtuellen Raum herumfliegen lassen: Welches kulturbereichernde Potenzial könnte eine kryptomönchische Lebensführung gerade heutzutage besitzen? Ich erwähne nur einige (post)moderne Phänomene, die mMn mit der vorgelegten Frage in Zusammenhang sehbar sind: Eine neue Bewegung der sparsamen Bescheidenheit, des bewussten Verzichts auf extremen Wirtschaftserfolg zugunsten persönlicher Familien-, Freiheits- und Lebensqualität hat in den USA so weit Fuß gefasst, dass gewisse volkswirtschaftliche Auswirkungen angeblich schon spürbar sind: Verzicht als Modeerscheinung? In diesem Zusammenhang wurde auch der Begriff der „Selfness“ geprägt, der in etwa bedeuten soll, dass jeder auch fürs Ganze verantwortlich sei (als bewusster Gegenbegriff zu dem kapitalistisch-autistisch verwendeten „Wellness“-Begriff, der den einzelnen doch nur auf seinen angeblich so gesunden Egoismus zurückwirft und ihn weiter in die Einsamkeit des jetzt nur weniger kranken Körpers zurückdrängt).
Andere Frage: Leben wir nicht längst wie mönchische Kokons? Faith Popcorn wurde mit diesem Schlagwort berühmt, sie stellte das kontraproduktive Cocooning drastisch dar: Ich meine: Wenn wir schon als mönchische Singles leben, dann sollte man noch das Beste daraus machen und zu Kultur-Mavericks, zu mutigen Einzel- und Draufgängern werden, auf die Verlass ist, wenn es darum geht, sich der Dalton-Viererbande aus fundamentalistischen Besserwissern, religiös-esoteroiden Freiheitsvernichtern, pseudoprogressiven Naturfaschisten und psychologistischen Amoralisten in den Weg zu stellen. C/M beweisen, dass dieses Duell eines sein kann, das ohne Waffen, ohne laute Worte, ohne Hass, sondern durch Denken und Lächeln ausgeführt werden kann (wobei letzters weniger auf Monk gemünzt ist).
Sich von den Alltagsablenkungen nicht zu weit vom Wesentlichen entfernen lassen, bei sich selbst zu bleiben, um von dieser Position doch wieder zu den anderen zu finden (vom Wüstenheiligen Foucauld heißts, er hätte gesagt: Ich bin in die Wüste gegangen, um die Menschen zu finden), intelligenter vorübergehender Verzicht, um vom nihilistischen Genuss zur Freude zurückzukehren (Nietzsche: Nur Asketen wissen, was wahre Wolllüste sind), den Blick für die alltäglichen Schönheitsquäntchen schärfen (C erkundigt sich immer wieder nach Petitessen, die er seiner – mMn nicht vorhandenen - Frau mitbringen könnte), eine lebenskluge Tagesordnung, die man sich selbst auferlegt, um den dingfremden Anordnungen von außen besser Widerstand leisten zu können (man muss es ja nicht monkisch übertreiben): Alles Tugenden, mit denen die, die jemals Heiligen- und Mönchslegenden gelesen haben, vom Hörensagen her vertraut sind. und wenn man noch Blaise Pascals These ins Kalkül zieht, wonach alles Ungemach der Welt nur daher rühre, dass der einzelne es nicht aushält, einfach in seinem Zimmer zu bleiben, rundet sich das Bild mMn zu einer ganz sinnechten Frage ab:
Kann eine Kultur, die seit Nietzsche auf den Individualismus baut, es sich leisten, ohne Individualisten auszukommen? Was aber hieße Individualismus anderes als die zumindest vorübergehende Einübung in Weltentfernung? Brauchen wir eine neue innerliche Form des Mönchtums, sozusagen Seelenmönche, Menschen, die stark genug sind, um sich der allgegenwärtigen vulgären Massenkultur – zumindest vorübergehend – zu entziehen?
Ein starkes Antwortindiz auf diese Frage scheint mir die ungebrochene Faszination Cs, des exzentrischen Individualisten par excellence: Wie ein ferner Klang rührt uns die Möglichkeit an, dass man als kleines, scheinbar unscheinbares Menschlein und nur auf Grund seiner inneren Qualitäten die natürliche und vernünftige Ordnung wieder herstellen kann. Auf diese Weise verwebt sich der einzelne doch wieder mit dem Großen und Ganzen: Aber erst, nachdem er sich nicht scheute, dem Zug der Mohrlocks und Lemminge den Rücken zu kehren.
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bei bedarf: weitere philosophische disk erwünscht!

Beitragvon amoruritme » Di, 28.08.2007 01:00


auf http://www.philosophiecafe.at gibts auch ein "columbo-philosophisches" unterforum, an dem ich mich beteilige. auf der genannten seite gibts natürlich auch mehrere links zur mmn besten columbo-hp: icolumbo! ;-)
sapere aude!
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